Russland schafft in Syrien Fakten

Noch vor einigen Wochen rechneten viele mit einem nahen Ende der Ära Assad in Syrien. Die syrische Armee nahm einen Rückschlag nach dem anderen hin. Und der Staatschef Baschar al-Assad gab offen zu, dass es seinen Truppen an Schlagkraft fehle. Nun aber ist Assad wieder erstarkt – dank russischer Hilfe.

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Das Zögern der Gegner

Moskau griff am Mittwoch erstmals mit Luftangriffen in den seit 2011 wütenden Bürgerkrieg in Syrien ein. Zur Bekämpfung des „internationalen Terrorismus“ müssten die Islamisten in Syrien „bekämpft und zerstört“ werden, sagte der russische Präsident Wladimir Putin in einer Fernsehansprache. Russlands staatsnahe orthodoxe Kirche gab dem Militäreinsatz ihren Segen und sprach gar von einer „heiligen Schlacht“. Westliche Experten führen Assads Comeback außer auf Russlands Unterstützung auf die Uneinigkeit und Zögerlichkeit seiner Gegner zurück.

„Die Russen und Iraner haben viel mehr eingesetzt als der Westen, sie sind aktiv, unnachgiebig und kompromisslos geblieben, während die Gegner des Assad-Regimes keine klare Strategie hatten und einen hohen Preis für ihre Versuchs- und Irrtumstrategie bezahlt haben“, meint Karim Bitar vom Institut für Internationale und Strategische Beziehungen in Paris.

Russland schafft Fakten

Russland hat schon in den vergangenen Wochen Fakten geschaffen und ein starkes Militäraufgebot nach Syrien geschickt, darunter Panzer, Artillerie, Kampfbomber, Drohnen und Soldaten. Der Westen rückt inzwischen zunehmend von der Forderung nach einem sofortigen Abtritt Assads ab. Die Einsicht macht sich breit, dass mit der syrischen Regierung wohl zumindest verhandelt werden muss, um die Gewalt in dem Land zu beenden.

Die Euphorie im Westen ist gewichen

Assad ist der einzige autokratische Machthaber in der Region, der den „arabischen Frühling“ bislang überstanden hat. Inzwischen ist die Euphorie im Westen und in vielen arabischen Ländern über einen demokratischen Weg durch die „Arabellion“ gewichen. In Libyen machten sich nach dem Nato-Krieg gegen den langjährigen Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 gewalttätige Islamisten breit. „Die meisten westlichen Staaten sind zurückgekehrt zu der fehlerhaften Vorstellung, dass ein autoritärer Nationalismus in der arabischen Welt das einzige Bollwerk gegen den radikalen Islam“ sei, stellt Bitar fest.

Zwei Drittel des syrischen Staatsgebietes haben die Truppen von Assad, der im Jahr 2000 die Macht von seinem Vater übernahm, an den IS oder andere Islamisten verloren. Doch die Regierung hält sich in ihren Hochburgen wie Damaskus, Homs oder an der Küste, in denen rund 50 Prozent der syrischen Bevölkerung leben. Für Yezid Sayigh vom Carnegie-Nahost-Zentrum ist Assads Überleben letztlich die Folge der Zögerlichkeit des Westens: „Das Hauptproblem ist, dass die westlichen Mächte nie stärker in Syrien engagiert sein wollten, weiterhin nicht sein wollen und nicht wissen, was sie gegen den Islamischen Staat machen sollen.“

Der Westen als Putins Tanzbär

Das Verteidigungsministerium in Moskau hat die ersten russischen Luftangriffe in Syrien bestätigt. Die „Präzisionsangriffe“ der russischen Luftwaffe hätten sich gegen militärische Ausrüstung sowie Lager mit Waffen und Munition der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gerichtet.
Ein Kommentar:
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Perfekt vorbereitet
Kann der Kampf gegen den IS-Terror etwas Schlechtes sein? Sicher nicht. Aus diesem Grund fällt es selbst den USA schwer, die Angriffe der russischen Kampfjets auf Ziele in Syrien zu kritisieren. Über Wochen hat Wladimir Putin diesen Schritt mit einer fast virtuos zu nennenden Perfektion vorbereitet. Der russische Präsident hat die Nachbarstaaten in der Region hofiert und auf den Kampf gegen den IS eingeschworen. Auch bei den Vereinten Nationen hat Putin für einen Anti-Terror-Einsatz geworben und als guter Demokrat hat er sich den Auslandseinsatz natürlich vom eigenen Parlament absegnen lassen. Damit völkerrechtlich alles wasserdicht ist, hat sich die syrische Führung nach den Angriffen bedankt, dass Russland auf den Hilferuf aus Damaskus reagiert habe.

Wie ein Tanzbär

Der Westen muss eingestehen, dass er von Putin wie ein Tanzbär am Nasenring durch die Manege gezogen wird. Weder die USA noch die EU haben ein Konzept zur Lösung des Syrienkonflikts. Putins Stärke ist also vor allem die Schwäche des Westens. Der muss es dann auch hinnehmen, dass der ersten Angriffswelle russischer Jets nicht Kämpfer des IS, sondern Stellungen der Anti-Assad-Rebellen zum Opfer fielen.

Putin weiß, dass er schnelle Erfolge braucht. Ein Ziel wird sein, die vom IS teilweise zerstörten antiken Stätten zurückzuerobern. Der Kremlherrscher könnte sich als Retter des Abendlandes feiern lassen und die letzten Kritiker würden wohl endgültig verstummen.

Edward Snowden auf Twitter

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Snowden folgt der NSA

Nun ist auch Edward Snowden auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Der berümteste Whistleblower der Welt folgt (bisher allerdings) nur einem anderen Accout: der NSA. Laut dem Enthüllungsportal „The Intercept“ folgt der Geheimdienst ihm aber nicht zurück – zumindest nicht offiziell.

Snowden hat innerhalb einer Stunde mehr als 100 000 Follower angezogen. «Könnt Ihr mich jetzt hören», schrieb der 32-Jährige als ersten Tweet unter dem Account @Snowden, der mit einem blauen Haken für verifizierte Nutzer versehen ist.

15.09.29-snow02 Der erste Tweet von Snowden

Wie „The Intercept“ schreibt, hatte sich jemand den Account reserviert, aber drei Jahre lang nicht genutzt. Daher sei das Unternehmen kontaktiert worden, und Twitter habe zugestimmt, den Account Edward Snowden zu geben. Das Portal berichtet unter Berufung auf dessen Anwalt Ben Wizner, der frühere Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA werde selbst twittern.
Snowden hatte streng geheime Dokumente öffentlich gemacht, die die Abhörskandale um die NSA ins Rollen brachten. Dafür droht dem US-Bürger in seiner Heimat eine lebenslange Haftstrafe; er wird wegen Geheimnisverrats per Haftbefehl gesucht. Seit 2013 lebt er im russischen Asyl.

Flüchtlinge – Rekordmonat September

„Der September wird ein Rekordmonat dieses Jahres und damit auch für die vergangenen Jahrzehnte werden.“

Zitat von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere

Bislang liegt der Rekord bei 105.000 Flüchtlingen im August. Verlässliche Zahlen zu den Flüchtlingen könne es erst in einigen Tagen geben, sagte de Maiziere. Klar sei aber, dass im September deutlich mehr Migranten angekommen seien als im August. In den vergangenen vier Tagen seien es 8000 bis 10.000 pro Tag gewesen. Laut CSU-Chef Horst Seehofer kamen seit Monatsbeginn knapp 170.000 Flüchtlinge allein in Bayern an. Bislang geht der Bund für dieses Jahr offiziell von 800.000 Asylbewerbern aus.

Um den Ansturm besser bewältigen zu können, beschloss das Bundeskabinett ein umfassendes Gesetzespaket. Damit sollen Asylregeln verschärft, die Verfahren beschleunigt und ein zügiger Bau von Unterkünften möglich werden. Vorgesehen sind zudem Milliardenhilfen des Bundes für Länder und Kommunen. Das Innenministerium plant bereits weitere Maßnahmen: Asylverfahren sollen künftig direkt an den Grenzen möglich werden.

Was kommt nach der Willkommenskultur?

Das Willkommens-Fest über vorüber. Die Meldungen über Proteste gegen Flüchtlingsheime nehmen wieder zu. Die Signale sind kaum mehr zu übersehen: Die Stimmung in der Flüchtlingskrise kippt!

15.09.24-flucht Immer häufiger werden Demonstrationen gegen die Asylpolitik organisiert.

„Wir schaffen das!“

Es war irgendwie schön. Nicht nur viele Menschen, sondern auch die meisten Politiker zogen an einem Strang. Sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel wagte sich aus der Deckung und sprach über die deutsche Verantwortung, all jenen zu helfen, die vor Krieg und Elend in die Bundesrepublik fliehen. „Wir schaffen das“, hieß ihre Losung und erinnerte damit etwas an die Figur „Bob der Baumeister“, der alle Probleme wohlgemut angeht und dann zusammen mit seinen Freunden immer eine Lösung findet.

In dieser Stimmung wurden die gewaltigen Herausforderungen gerne etwas heruntergespielt: Hunderttausende Menschen brauchen eine Unterkunft, sie müssen mit Essen, Wohnungen, Schul- und Kitaplätzen und Jobs versorgt werden.

Das Ansehen Merkels sinkt

Nun aber wird allmählich deutlich, wie große die Belastungen für Deutschland tatsächlich sind. Das hat Folgen, Unmut macht sich breit – nicht nur in Teilen der Bevölkerung, sondern auch in der Partei von Angela Merkel. In Umfragen hat das Ansehen der Kanzlerin wegen ihrer Flüchtlingspolitik erste Kratzer bekommen. Auch anderswo brodelt es. Und Bundespräsident Joachim Gauck – dessen Verhältnis zu Angela Merkel nicht immer ungetrübt ist – spricht Ängste vor Überforderung offen an. Er stimmt das Land auf eine große Kraftanstrengung ein. Die sei zu bewältigen. Aber niemand dürfe die Augen verschließen vor Ängsten, Konflikten und Verteilungskämpfen. Deutschlands Möglichkeiten seien endlich.

Die Probleme sind offensichtlich

Die Probleme liegen auf der Hand. Bis zu einer Million Asylbewerber erwarten die Behörden in diesem Jahr. Etwa 40 Prozent von ihnen werden wohl in Deutschland bleiben. Das Asylsystem war darauf nicht ansatzweise vorbereitet. Unterkünfte sind restlos überfüllt, die Behörden kommen bei der Bearbeitung der Asylanträge nicht hinterher. Auch bei der Integration derer, die bleiben, hakt es. Gauck sagt, ein Wettbewerb um billige Wohnungen, um Kindergarten- und Schulplätze sei absehbar.

Ein Affront der CSU

Längst murren die Abgeordnete von CDU und CSU nicht mehr nur in den Hinterzimmern. Immer mehr Christdemokraten warnen vor nicht zu bewältigenden Lasten und erwarten, dass ihre Regierungs- und Parteichefin in der Flüchtlingspolitik Grenzen aufzeigt. Ganz zu schweigen von den rüden Attacken des CSU-Chef Horst Seehofer, der längst offen auf Konfrontationskurs zu Merkel gegangen ist. Die Einladung des rechtspopulistischen ungarischen Premiers Viktor Orban zu einer CSU-Tagung war, gelinge gesagt, ein Affront!

Angela Merkel zeigt sich bislang wenig beeindruckt. Doch sie sieht auch, dass ihr die Flüchtlingsdebatte Beliebtheitspunkte gekostet hat. Unions-Politiker fürchten, dass sie den Rückhalt ihrer Wählerschaft verlieren, während Rechtspopulisten Aufwind bekommen. Die rechtskonservative AfD legte zuletzt in einer Umfrage auf sechs Prozent zu. Auch anderswo in Europa kommt das Flüchtlingsthema rechtspopulistischen Kräften zugute.

Unmut im Wahlvolk

Aber nicht nur die Union muss sich um die Stimmung ihrer Basis sorgen und darum, dass potenzielle Wähler an den rechten Rand verloren gehen könnten. Auch die Linke bekommt zu spüren, wie sich in Teilen ihrer Anhängerschaft Unmut breitmacht – wie sich Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger vernachlässigt fühlen, die Hilfsbemühungen und Milliardenausgaben für Flüchtlinge argwöhnisch beäugen und befürchten, am Ende selbst zu kurz zu kommen.

Bei den meisten Menschen äußert sich der Unmut noch im politischen Rahmen. Doch immer häufiger zeigt sich offener Hass und Gewalt. Die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte ist in den vergangenen Monaten sprunghaft gestiegen. Im ersten Halbjahr waren es mit etwa 200 Straftaten schon so viele wie im gesamten Vorjahr. Zuletzt ging es weiter kräftig nach oben: Ende August waren es mehr als 330 Straftaten, und drei Wochen später schon mehr als 430.

Das Problem der „neuen Täter“

Vieles sind Schmierereien oder Sachbeschädigungen. Aber auch Gewalttaten nehmen zu: Körperverletzungen und Brandstiftungen. Und das, was die Polizei über die Tatverdächtigen weiß lässt aufhorchen. Etwa 70 Prozent von ihnen sind vorher nicht durch rechtsmotivierte Straftaten ihn Erscheinung getreten. Es sind also „neue Täter“. Den Sicherheitsbehörden bereitet das Sorgen. Dazu kommen Pöbeleien gegen Flüchtlinge im Alltag und rechte Hetze im Netz. All das ist das „Dunkeldeutschland“, von dem Gauck vor wenigen Wochen sprach.

Nach der ersten Euphorie macht sich bei den Politikern nun Ernüchterung breit und an manchen Stellen in der Gesellschaft bricht sich blanker Hass die Bahn. Angela Merkel muss nun also an zwei Fronten kämpfen: die Flüchtlinge müssen versorgt und untergerbacht werden – aber auch der deutschen Gesellschaft muss die Kanzlerin nun vermitteln, dass die Probleme sehr groß aber dennoch lösbar sind.

Beängstigende Zahlen

Nicht immer sagen Statistiken wirklich etwas über die Befindlichkeit einer Gesellschaft aus. In diesem Fall ist das aber leider der Fall. Nach der Euphorie über die neue Willkommenskultur in Deutschland, machen nun wieder ganz andere Meldungen die Runde.

15.09.14-pegida Plakat von Asylgegnern bei einer Pegia-Demo in Dresden

Doppelt so viele Übergriffe

Ziemlich alarmierend sind die Zahlen des Bundeskriminalamtes, dass es in diesem Jahr bereits mehr als doppelt so viele Übergriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte gegeben wie im gesamten vergangenen Jahr.  BKA-Sprecherin Sandra Clemens sagte, die Polizei habe seit Jahresbeginn landesweit 437 Straftaten gegen Asylunterkünfte registriert (Stand 21. September). Darunter seien 26 Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sowie 33 andere Gewaltdelikte wie Körperverletzung. Bei dem Großteil der Straftaten handele es sich um Sachbeschädigung, Propagandadelikte und Fälle von Volksverhetzung. Im vergangenen Jahr waren etwa 200 Straftaten gegen Asylunterkünfte gemeldet worden. Clemens: „Damit ist klar, dass die Höchststände des vergangenen Jahres schon jetzt deutlich überschritten sind.“.

Weiter steigende Zahlen

Angesichts der neusten Flüchtlingszahlen dürfte sich an dieser Entwicklung nichts ändern – im Gegenteil. Der Bund rechnet in diesem Jahr mit 800.000 Asylanträgen in Deutschland. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2014. Auch die Einreise von einer Million Flüchtlingen schließen Regierungsmitglieder inzwischen nicht mehr aus. Viele Kommunen melden, dass sie bei der Unterbringung der Menschen an ihre Grenzen stoßen. Nach Angaben der Bundespolizei wurden am Sonntag 4160 illegale Einreisen registriert, am Samstag 3604.

Gabriel geht Putin auf den Leim

Sigmar Gabriel will die Ukraine-Sanktionen gegen Russland lockern. Der Grund: Moskau soll zur Zusammenarbeit in Syrien bewegt werden. Es ist aber ein fundamentaler Fehler, diese beiden Kriege miteinander in Verbidnung zu bringen. 

13.12-liba57-beirut Ein syrisches Flüchtlingskind im Libanon

Der Fehler des Sigmar Gabriel
Eine Reise kann einen Menschen verändern. Sigmar Gabriel hat die Not der Syrienflüchtlinge bei seinem Besuch in einem Lager jüngst mit eigenen Augen gesehen. Das Leid der Menschen hat ihn gerührt. Das ist gut, denn die Welt regiert von eiskalten Realpolitikern ist am Ende keine lebenswerte Welt mehr. Nun macht der deutsche Vizekanzler aber einen entscheidenden Fehler – er wirft seine Gefühle und die Realpolitik in einen Topf – und dabei ist nichts Gutes herausgekommen.
Gabriel hat ein Ende der Russland-Sanktionen ins Gespräch gebracht, weil man Moskau zur Beendigung des Krieges in Syrien brauche. Zum einen hat er Recht: ohne den Kreml geht in Syrien wenig – das haben die vergangenen vier Jahre gezeigt, in denen der russische Präsident Wladimir Putin jede Friedensinitiative im Keim erstickt hat, weil er das Regime um Bashar al-Assad halten will. Aber den Krieg in Syrien mit dem Krieg in der Ukraine zu verknüpfen ist gefährlich – und reichlich Geschichtsvergessen.

Die Ukraine ist Gabriel gleichgültig

Gabriel will die Ukraine einfach fallen lassen, das Land mitten in Europa ist dem Vizekanzler offenbar ziemlich gleichgültig. Das ist ein Schlag nicht nur ins Gesicht der Ukrainer, sondern auch der Osteuropäer, die – zu Recht – fürchten, dass Russland versucht, ihre Regierungen zu destabilisieren. Dass das auch ein Angriff auf den Zusammenhalt in der Europäischen Union ist, scheint Gabriel ebenfalls verdrängt zu haben.
An dieser Stelle noch einmal zur Erinnerung: Russland führt einen Stellvertreterkrieg in der Ukraine, unterläuft die Abmachungen der Minsker Vereinbarung und hat völkerrechtswidrig die Krim annektiert und hat damit eine Friedensordnung umgestoßen, die Europa viele Jahrzehnte relative Ruhe gebracht hat.
Der Kampf gegen den IS
Gabriel argumentiert weiter, dass man Russland nicht für den Kampf gegen die Terroristen des IS gewinnen könne, wenn man dem Kreml nicht etwas anbiete. Da verkennt der Vize-Kanzler die Fakten: in diesem Fall ging das Angebot eindeutig von der russischen Seite aus. Denn der IS ist für Russland eine weitaus größere Bedrohung als für den Westen. Putin will seine Militärbasis in Syrien nicht verlieren, die ihm den Einfluss im Mittelmeer und dem Nahen Osten sichert. Zudem will Putin das Ausdehnen des IS auf die Staaten im Kaukasus vermeiden, die eine Brutstätte des Terrorismus sind, der Moskau direkt bedroht. Weiter will Putin endlich wieder im Konzert der Großen mitspielen, da erscheint ihm der Kampf gegen den Terror der richtige Hebel.
Und noch einen Punkt verkennt Sigmar Gabriel. Er glaubt zu wissen, dass wenn Russland seine militärischen Aktivitäten in Syrien ausdehne, werde der Konflikt eskalieren und noch mehr Flüchtlinge werden in Richtung Europa strömen. Das verkennt die Tatsache, dass Russland in Syrien mit dem Ausbau seiner Militärbasen bereits vom Kulissenschieber zum Akteur geworden ist.
Die Frage zentrale dabei ist: Weshalb verlassen die Menschen ihre Heimat. Nicht, weil der IS sie bedroht! Die Islamisten herrschen vor allem über menschenleere Gebiete. Die Syrer flüchten, weil Bashar al-Assad das eigene Volk in Städten und Dörfern bombardieren lässt und seine Polizei gnadenlos Jagd auf die Gegner des Regimes macht. Der weitaus größte Teil der 250.000 Toten in diesem Krieg geht auf das Konto des Regimes!
Das Kalkül Gabriels
Das Kalkül Gabriels ist offensichtlich. Der Westen soll mit Putin im Fall von Syrien zusammenarbeiten – darauf hoffend, dass Moskau Assad irgendwann schon fallenlassen werde. Das aber ist eine naive Hoffnung. In einem Interview mit dem US-Sender CBS hat Putin deutlich gemacht, dass er noch immer an dem Regime festhält. Sein Argument: nach dem Sturz des Diktators Gaddafi in Libyen sei das Land in Anarchie zerfallen. Putin hat nicht vergessen, dass der Westen im Fall von Libyen die vorher getroffenen Abmachungen sehr frei interpretiert hat und bei dem Bombardement nicht nur die Bevölkerung schützte, sondern damit auch den Gegnern des Regimes zum Sieg verhalf. Es ist so etwas wie die späte Genugtuung Putins, dass Libyen nun nicht zur Ruhe kommt und der Westen auf keinen Fall dasselbe Szenario im Fall von Syrien riskieren will. Das kann aber nicht heißen, dem kühl kalkulierenden Putin politische Geschenke zu machen. Er wird seine Politik deswegen nicht ändern.
Gabriels feines Gespür
Natürlich fordert Gabriel die Aufhebung der Sanktionen nicht nur, um das Leid der Menschen in Syrien zu lindern. Er hat ein feines Gespür für Stimmungen im eigenen Volk – und die droht in Deutschland langsam zu kippen. Wurden die Flüchtlinge anfangs noch willkommen geheißen, wächst bei immer mehr Deutschen angesichts der steigenden Zahlen die Angst, dass unser eigenes Land überfordert werden könnte. Auch die Furcht, dass die Konflikte aus den muslimischen Ländern hierher transportiert werden könnten, ist nicht unbegründet.
Zudem ist Gabriel deutscher Wirtschaftsminister! Der Ärger über die Russlandsanktionen wird auch in Gabriels eigener Partei immer größer. Da käme ihm ein Vorwand, das Embargo zumindest in Teilen abzubauen gerade recht.
Niemand will Sanktionen
Tatsache ist: alle in Europa würden die Sanktionen gerne weg haben, je früher desto besser. Doch darf nicht vergessen werden, warum Russland mit ihnen belegt wurde: Grund ist ein Krieg in Europa, der Bruch des Völkerrechts und das Ignorieren von Regeln, die dem Kontinent bis jetzt den Frieden beschert haben. Das Beispiel Libyen zeigt, dass Wladimir Putin nicht so schnell vergisst, der Westen sollte das im Fall der Ukraine auch nicht tun!

Wieder Randale gegen Flüchtlingsheim

Die Übergriffe auf geplante Flüchtlingsheime nehmen kein Ende. Vor allem in Ostdeutschland sind die Gebäude immer wieder Ziel von Randalierern.

15.09.26-niderau Dsa Stadtwappen von Niederau

Vor einer noch leeren Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Niederau bei Meißen hat es in der Nacht zum Samstag Randale gegeben. Laut Polizei versuchten rund 20 teils betrunkene Demonstranten, den Bauzaun um den früheren Supermarkt umzustoßen. Dies sei aber nicht gelungen. Schon seit dem Abend hatten sich etwa 200 Gegner des Heims, darunter auch offenkundig Rechtsradikale, eingefunden. Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks, die in der Halle Feldbetten aufbauten, wurden beschimpft und angegriffen, eine Zufahrt zu dem Gelände zwischenzeitlich mit Autos blockiert. In dem ehemaligen Supermarkt sollen rund 500 Flüchtlinge unterkommen. Die ersten 200 wurden noch am Wochenende erwartet.

Wie die zuständige Polizeidirektion Dresden weiter mitteilte, war um den früheren Supermarkt bereits am Freitagnachmittag ein so genannter Kontrollbereich eingerichtet worden. Damit darf die Polizei dort anlasslos Personen kontrollieren und durchsuchen. Solche Kontrollbereiche hatte es bereits nach fremdenfeindlichen Krawallen in Heidenau und zuletzt in Bischofswerda gegeben.

Der Bürgermeister von Niederau, Steffen Sang (parteilos), hatte bereits vor Tagen Befürchtungen geäußert, dass es in dem 1800-Einwohner-Ort zu rechten Krawallen wie Ende August in Heidenau kommen könnte. Niederau sei eingekesselt von fremdenfeindlichen Gruppen wie etwa dem Meißener «Heimatschutz».

Hier der Link zu einer Erklärung des Bürgermeisters

Weltpolitik als Kindergarten

Barack Obama und Wladimir Putin sollen sich am Montag in New York treffen. Doch vorher wird kräftig darüber gestritten, wer wen denn eigentlich um das Gespräch gebeten hat.

15.09.25-obama-putin Ein Bild aus besseren Zeiten. Putin und Obama beim Apec-Gipfel in Peking

Seltsamer Disput

Kindergarten! Das ist das treffende Wort dafür, was zwischen Washington und Moskau im Moment abläuft. Ausgangspunkt für den Disput auf zweifelhaftem Niveau ist das geplante Treffen zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Barack Obama am Montag am Rande der UN-Generalversammlung in New York.

Das Treffen kommt nach russischer Darstellung auf Wunsch der US-Regierung zustande. Gar nicht wahr, schallt es empört aus Moskau. Putins Berater Juri Uschakow kritisierte das Weiße Haus für die Aussage, dass der russische Staatschef um das Treffen gebeten habe. Und damit nicht genug! Uschakow betonte, Putin und Obama würden vor allem über Syrien und die Lage im Nahen Osten sprechen. Die Ukraine sei nur ein Seitenaspekt. Auch damit widersprach er US-Regierungssprecher Josh Earnest.

Angesichts dieses Disputes stellt sich die Frage, ob beide Seiten wissen, um was es geht – dass jeden Tage Menschen sterben, während sie Haare spalten?!

Erstes Treffen seit dem Apec-Gipfel

Das Gespräch in New York – sollte es trotz der Verstimmungen auf beiden Seiten nun stattfinden – ist das erste Treffen von Putin und Obama seit Ende vergangenen Jahres. Die USA und die EU haben wegen der Ukrainekrise Sanktionen gegen Russland verhängt und schlossen es auch aus der Gruppe der wichtigsten Industrienationen aus. Obama und Putin trafen sich zum letzten Mal im vergangenen November am Rande des Apec-Gipfels in Peking. Seitdem telefonierten sie dreimal miteinander.

Eine Art Mafia-Staat

Die pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine haben die UNO sowie internationale Hilfsorganisationen aufgerufen, sich aus der Rebellenhochburg Lugansk zurückzuziehen. Das muss nicht unbedingt politische Gründe haben.
Ein Kommentar:

Der Osten der Ukraine steuert auf eine humanitäre Katastrophe zu. Wegen der Kämpfe sind viele wichtige Versorgungswege in der Region zerstört. Nun haben die von Russland unterstützten Separatisten den meisten internationalen Hilfsorganisationen verboten, in dem Unruhegebiet zu arbeiten. Angesichts des nahenden Winters ist abzusehen, was das für die notleidende Bevölkerung bedeutet. Die Rationen der Helfer waren vor allem für  ältere Menschen die einzige Möglichkeit, das Überleben zu sichern.

Es stellt sich die Frage, welche Rolle Wladimir Putin spielt. Der russische Präsident versucht in diesen Tagen, sich auf internationaler Bühne wieder einen Namen als verlässlicher Politiker zu verschaffen. Vor allem durch den vom Kreml unterstützten Krieg in der Ukraine hat er sich ins Abseits manövriert. Ihm kann also nicht daran gelegen sein, dass das Thema gerade  jetzt hochkocht. Aber vielleicht ist die Erklärung viel einfacher: den Separatisten sind die Helfer schlicht lästig geworden. Das Donbass ist inzwischen ein regelrechter Mafia-Staat. Unabhängige Beobachter stören die Geschäfte. Zudem werden angesichts des nahenden Winters die Preise für Lebensmittel und Heizmaterial ansteigen. Gratislieferungen von Hilfsorganisationen für die Bevölkerung passen nicht in das perfide Geschäftsmodell der Verbrecher.