Putins Geste wie aus dem Kalten Krieg

Die Geste ist spektakulär. Wladimir Putin weist 755 Diplomaten aus – das ist eine eklatante Geste, wie aus dem Kalten Krieg. Sie ist die Reaktion auf die neuen Sanktionen der USA gegen Russland.

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Ein chaotischer Präsident

Das Erwachen für Donald Trump ist brutal: vorausgesetzt, er merkt es. Vorausgegangen ist eine chaotische Woche, in der er sich mit ganz Washington überworfen hat: einschließlich mit seinen politischen Verbündeten, Parteikollegen, engen Mitarbeitern. Und nun kommt diese ernüchternde Botschaft aus Russland, einem Land, das der US-Präsident irgendwie doch noch für einen guten Verbündeten hält – oder vielleicht auch nicht. Bei Trump kann die Welt da nicht immer sicher sein. Aber die Welt spielt nicht nach Trumps Regeln.

Die Jobbeschreibung des US-Präsidenten

Trump hat offensichtlich vergessen, dass in der Jobbeschreibung eines amerikanischen Präsidenten ganz oben die Außenpolitik steht. Er hatte vergessen, dass die Welt ein Chaos ist und das Fehlen der amerikanischen Führung rasch von nicht unbedingt freundschaftlichen Kräften ausgefüllt wird. Putin sollte ein wiedergefundener Freund sein, mit ihm hatte Trump beim G20-Gipfel in Hamburg die Generalprobe für eine gewinnbringende Zusammenarbeit hingelegt.
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Putin zeigt keine Schwäche

Putin dürfte sich sicher sein, dass nicht zu reagieren ein Zeichen der Schwäche wäre, er würde das Gesicht verlieren – das hat der russische Machthaber noch nie akzeptiert. Auf wirtschaftlicher Ebene hat er allerdings wenig entgegenzusetzen: Der Austausch zwischen den USA und Russland ist winzig. Wie zu Zeiten des Zars und der Sowjetunion bleibt das russische Paradox, ein gigantisches Gebiet zu haben, eine bemerkenswerte militärische Macht, aber eine unbedeutende Wirtschaft. Putin greift deshalb zurück auf eine spektakuläre Geste und wird sie zusammenfallen lassen mit einer Parade, die daran erinnert, auf welchem Gebiet Russland noch immer eine Supermacht ist.

„Sme“: Selbst Deutsche betrügen in großem Stil

Die Aufregung über die Skandale der deutschen Automobilproduzenten ist groß. Die Schadenfreude im Osten Europas ist natürlich groß. Hier ein Kommentar der liberalen slowakischen Tageszeitung „Sme“:

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„Der aktuelle Kartellverdacht gegen fünf deutsche Autofirmen in Verbindung mit dem Dieselskandal, im vergangenen Jahr Kartellbildung und Preisabsprachen bei Lastwagenherstellern (darunter auch MAN und Daimler), Milliardenstrafen für die Deutsche Bank, … – Betrug scheint eine ganz übliche Praxis geworden zu sein. (…) Das ist eine absurde und schädliche Vorstellung für die ganze westliche Zivilisation. Sie zeigt, dass die Unmoral nicht nur unsere postkommunistischen Länder betrifft, sondern auch die selbst ernannten Zentren von Demokratie und Freihandel in New York, London, Paris und Berlin. Es ist wie ein Kartenspiel, bei dem alle betrügen. Welchen Sinn hat es dann noch, mitzuspielen?“

Saakaschwili wird aus der Ukraine ausgebürgert

Schwere Zeiten für Michail Saakaschwili. Dem ehemaligen georgischen Präsidenten ist die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen worden. Er werde gegen die Entscheidung von Staatschef Petro Poroschenko vorgehen, schrieb Saakaschwili auf Facebook. Offiziell werden dem Politiker falsche Angaben bei der Beantragung vorgeworfen. Beobachter vermuten jedoch, dass Präsident Petro Poroschenko seinen früheren Verbündeten und nunmehrigen Kritiker loswerden wollte. 

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Saakaschwili droht in der Ukraine die Festnahme

Der Migrationsdienst hatte in Kiew mitgeteilt, dass Poroschenko ein Dekret unterzeichnet habe,dass Saakaschwili die Staatsbürgerschaft entzogen werde. Der Ex-Präsident hält sich im Moment offensichtlich in den USA auf.  Beobachter gehen davon aus, dass ihm bei einer Einreise in die Ukraine eine Festnahme droht.

Stellungnahme des Ex-Präsidenten

Saakaschwili nahm in einem Internetvideo Stellung: „Es gibt den Versuch mich zu einem Flüchtling zu machen. Das wird nicht passieren! Ich werde nirgendwo anders bleiben und werden meinen Status nicht ändern! Ich kämpfe für mein gesetzliches Recht, in die Ukraine zurückzukehren.“ Poroschenko, den er im Video direkt adressierte und für den Schritt verantwortlich machte, habe eine „rote Linie“ überschritten. Seine Partei „Bewegung neuer Kräfte – Micheil Saakaschwili“ berief für den frühen Nachmittag ein Protestmeeting am Kiewer Maidan ein.

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Hier geht es zur Video-Botschaft von Saakaschwili: 

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Michail Saakaschwili:

„Ich habe in der Ukraine seit mehr als 13 Jahren gelebt, ich habe an drei Revolutionen teilgenommen: Davon zwei Maidan-Revolutionen! Ich habe nur eine Staatsbürgerschaft – die Ukrainische und sie werden mir diese nicht berauben können. Mich dazu zu Zwingen, den Flüchtlingsstatus zu erlangen, auch dies wird nicht passieren! Ich werde gesetzliches Recht anwenden, um in die Ukraine zurückzukehren! „

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Pass von Poroschenko erhalten

Der als Reformer geltende Saakaschwili hatte 2015 nach seiner Zeit als georgischer Präsident den ukrainischen Pass von Poroschenko persönlich erhalten. Zunächst arbeitete er als Gouverneur des Gebiets Odessa im Süden des Landes. Im November 2016 trat er nach heftiger Kritik an der Staatsführung zurück.

Saakaschwili könnte damit staatenlos werden. Sein Heimatland Georgien hatte ihm 2015 die Staatsbürgerschaft bereits entzogen. Tiflis hatte Kiew wiederholt um eine Auslieferung des Ex-Präsidenten ersucht. Während seiner Regierungszeit von 2004 bis 2013 soll er unter anderem Haushaltsgelder verschwendet haben.

Kein Schiff wird kommen – Kapitän der Identitären Bewegung in Haft

Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung wollten mit einem Schiff Flüchtlinge an der Überfahrt über das Mittelmeer hindern. Die Mission hat nun offenbar ein Ende gefunden: der Kapitän soll auf Zypern festgenommen worden sein.

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Der Spott im Netz angesichts der Aktion ist groß.

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Famagusta – Ist diese Geschichte erfunden? Oder ist es Satire? Die Story ist fast zu gut, alle Teile passen perfekt zusammen und sie hat eine Pointe, die an Ironie kaum zu übertreffen ist. Gesichert ist: rechtsextreme Anit-Flüchtlings-Aktivisten haben ein Schiff gechartert, um die Migration über das Mittelmeer zu stoppen und Flüchtlinge wieder nach Libyen zurückzubringen. Nun meldet die Zeitung „Kibris Postasi“, der Kapitän der „C-Star“ sei in Hafen von Famagusta in der Türkischen Republik Nordzypern festgenommen worden. Der Mann sei festgenommen worden, weil er falsche Dokumente vorgelegt habe. Auf linken Internetseiten ist die Rede davon, dass der Kapitän sogar wegen Verdachts der Schlepperei festgenommen worden sein soll.

Tamilen beantragen Asyl

Hier ist Geschichte allerdings noch nicht zu Ende. Durch die sozialen Medien schwirrt eine Nachricht, die tamilische Besatzung des Schiffes, das unter mongolischer Flagge fahren soll, habe in Zypern Asyl beantragt. Die ursprüngliche Quelle dieser Angabe ist ein Blog-Eintrag des französisch-griechischen Filmemachers Yannis Youlountas. „DEFEND EUROPE, c‘est fini!“ schreibt er und bezieht sich auf den Namen den die Rechtsextremen ihrer eigenen Aktion gegeben haben. Zudem soll die tamilische Crew angegeben haben, dass sie für die Fahrt bezahlt haben. Ein offizielle Bestätigung für diese Berichte gibt es allerdings nicht. Der Spott in Internet kennt angesichts der Geschichte allerdings keine Grenzen.

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Vorwurf der Schlepperei

Laut dem österreichischen „Kurier“ erklärte die Identitäre Bewegung, der Vorwurf der Schlepperei sei „absurd“. Die Tamilen seien zu Trainingszwecken an Bord gewesen, um eine Kapitänsausbildung zu absolvieren. Das sei ein ganz normaler Vorgang, sie hätten natürlich auch dafür bezahlt. Als sie an Land kamen, um einen Crewwechsel durchzuführen, seien sie von NGOs „massiv gedrängt“ worden, einen Asylantrag zu stellen.

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Martin Sellner, Kopf der Identitären Bewegung Österreich, bestätigte gegenüber „Buzzfeed“, dass das Schiff in Zypern gestoppt wurde: „Es ist das gleiche wie im Suezkanal“, so der Aktivist. „Falsche Vorwürfe, die zu Repressalien führen, um uns Zeit zu stehlen. Das Unternehmen wird dagegen vor Gericht ziehen“.

Es ist offensichtlich nicht das erste Mal, dass das Schiff Probleme hat, seine Mission fortzusetzen. Die C-Star war bereits vergangene Woche im Suezkanal gestoppt worden, weil es dem Kapitän nicht gelungen war, eine zufriedenstellende Crew-List vorzulegen, berichtete der britische „Independent“.

Auf dem Twitter-Account „Defend Europe“ werden inzwischen die meisten der Angaben indirekt bestätigt. Natürlich sieht die Identititäre Bewegung dahinter eine Verschwörung und Intrigen von Menschenrechtsgruppen.

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Offensichtlich sitzen nun Mitglieder der Identitären Bewegung auf Sizilien fest. Sie wollten in Catania die C-Star besteigen und von dort aus in See stechen, um Flüchtlinge an der Überfahrt über das Mittelmeer zu hindern.

Hinter der Aktion der Gruppe „Defend Europe“ stehen deutsche, französische und italienische Mitglieder der Identitären Bewegung, die in Deutschland wegen ihrer völkischen Ideologie vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Rechtsextremisten hatten Mitte Mai eine Kampagne im Internet gestartet und 76 000 Euro für die Anmietung eines Schiffs eingesammelt.

Von Libyen aus brechen die meisten Menschen in seeuntüchtigen Booten auf. Auf dem Seeweg erreichten seit Jahresbeginn schon mehr als 112 000 Menschen die Küsten Europas. Die Aktion „Defend Europe“ richtet sich nicht nur gezielt gegen diese Migranten, sondern auch gegen Hilfsorganisationen, die die Menschen im Mittelmeer aus Seenot retten und an Land bringen.

Die „Identitäre Bewegung“ inszeniert sich jung und modern. Deutsche Verfassungsschützer haben sie seit 2016 im Visier. In Deutschland ist die Gruppierung mit französischen Wurzeln seit 2012 aktiv und macht immer wieder mit Aktionen von sich reden. Im vergangenen Sommer besetzte sie das Brandenburger Tor und enthüllte am Wahrzeichen der Hauptstadt Banner mit der Aufschrift: „Sichere Grenzen – Sichere Zukunft“. Im Mai wollten Aktivisten ins Bundesjustizministerium eindringen.

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Info: Wer ist die Identitäre Bewegung?

Die Identitäre Bewegung ist gegen „unkontrollierte Massenzuwanderung“. Der Verfassungsschutz erkennt bei der Gruppierung „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“.

Die Wuzeln der Identitären Bewegung liegen in Frankreich, wo sie im Jahr 2004 als Teil des „Bloc identitaire“ entstand. Von dort aus hat sie sich in weiteren Ländern verbreitet. Experten sehen in der Gruppe eine Spielart des Rechtsextremismus. Die Bewegung wendet sich gegen „Multikulti-Wahn“, „unkontrollierte Massenzuwanderung“ und den „Verlust der eigenen Identität“. Sie fordert eine „Festung Europa“ und den Verbleib jeder Ethnie „auf ihrem geschichtlich gewachsenen Gebiet“. Dem Verfassungsschutz zufolge lassen die „Identitären“ „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ erkennen. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise habe sich die Bewegung zunehmend radikalisiert.

In Deutschland soll die Bewegung rund 400 aktive Anhänger haben und ist 2012 aktiv. Nachzuweisen sind Kontakte zu anderen Gruppierungen am rechten Rand, etwa mit der Studentenverbindungen besonders des deutsch-österreichischen Dachverbandes Deutsche Burschenschaft. Eine Studie der Berliner Senatsverwaltung für Inneres kam 2015 zu dem Schluss, es gebe eine Aktionseinheit gegen Flüchtlinge von „Bürgerbewegung Pro Deutschland“, HoGeSa-Berlin, Identitärer Bewegung und Berliner NPD.

Die Identitäre Bewegung inszeniert sich jung und modern. Deutsche Verfassungsschützer haben sie seit 2016 im Visier. Zuletzt versuchte die Gruppe, mit verschiedenen Aktionen Aufmerksamkeit zu erregen. Im vergangenen Sommer besetzte sie das Brandenburger Tor und enthüllte am Wahrzeichen der Hauptstadt Banner mit der Aufschrift: „Sichere Grenzen – Sichere Zukunft“. Im Mai wollten Aktivisten ins Bundesjustizministerium eindringen.

Hinter der aktuellen Aktion der Gruppe „Defend Europe“ stehen deutsche, französische und italienische Mitglieder der Identitären Bewegung. Sie versuchen, mit einem eigenen Schiff, Migranten auf dem Mittelmeer zu stoppen.

Das Symbol der Identitären Bewegung Deutschlands ist das Lambda, der elfte Buchstabe des griechischen Alphabets. Als sich spartanische Krieger um 480 vor Christus in der Schlacht bei den Thermopylen den anrückenden persischen Truppen entgegenstellten, sollen sie dieses Zeichen auf ihren Schilden getragen haben. In dieser Tradition sehen sich auch die Identitären.

Verfahren gegen Valentina Tscherewatenko eingestellt

Gute Nachrichten aus Russland.  Das Verfahren gegen die Menschenrechtlerin und Leiterin der Nichtregierungsorganisation „Frauen vom Don“, Valentina Tscherewatenko, durch die russische Justiz ist eingestellt worden.

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Aktivistin der ersten Stunde

Valentina Tscherewatenko ist eine russische Menschenrechtsaktivistin der ersten Stunde. 1993 gründete sie mit Mitstreiterinnen die „Frauen vom Don“, eine Nichtregierungsorganisation (NGO) im südrussischen Nowotscherkassk. Die „Frauen vom Don“ arbeiten in der 170.000 Einwohner zählenden Stadt an der Basis: Mitarbeiterinnen helfen Frauen und Kindern in Krisensituationen, klären Pensionisten über ihre Rechte auf und betreiben Frauenhäuser im Nordkaukasus.

Durch das Strafverfahren im Zusammenhang mit dem 2012 erlassenen Gesetz über „ausländische Agenten“ ist ihre Arbeit in Gefahr. Ihr drohten bis zu zwei Jahre Haft.

Gernot Erler, Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft, erklärt dazu:

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„Ich begrüße, dass das Strafverfahren gegen die angesehene Zivilgesellschaftsaktivistin Valentina Tscherewatenko, Trägerin des deutsch-französischen Menschenrechtspreises 2016, seitens der russischen Behörden eingestellt wurde. Die Bundesregierung hat sich gegenüber der russischen Seite mehrfach für Valentina Tscherewatenko eingesetzt.

Die Einstellung des Strafverfahrens ist eine gute Nachricht für die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern.“

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Keine Agenten gegen Russland

Tscherewatenko wurde vorgeworfen, ihre NGO „in böser Absicht“ nicht beim russischen Justizministerium registriert zu haben. Sie bestreitet, mit ihrer Organisation in die „Agenten“-Kategorie zu fallen und nannte die Vorwürfe „lächerlich“. Es folgten  Hausdurchsuchung in den Büros. „Ich hoffe, dass die Gerechtigkeit siegen wird“, sagte sie immer wieder.

Tscherewatenko nimmt an der AG Zivilgesellschaft des Petersburger Dialogs teil. Aus Fördermitteln der „Östlichen Partnerschaft“ sind einer deutschen Partnerorganisation Projektgelder für ein ukrainisch-russisches Dialogprojekt zugesprochen worden, an dessen Umsetzung auch die NGO „Frauen vom Don“ mitarbeiten würde.

Deutschland – kein Land der Populisten

Mit populistischen Positionen haben Parteien in Deutschland weniger Chancen bei den Wählern als in den USA. Laut einer aktuellen Studie würde ein Einschwenken auf einen populistischen Kurs sogar Wählerstimmen kosten.

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30 Prozent Populisten

Die große Mehrheit der deutschen Wähler hält einer Studie zufolge eher wenig von populistischen Positionen, die sich gegen das Gesellschaftssystem richten. „Grundlegend systemablehnende und anti-pluralistische Einstellungen sind in Deutschland nicht mehrheitsfähig“, lautet das Fazit einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. Allerdings seien mit knapp 30 Prozent ein knappes Drittel der Befragten populistisch eingestellt. Dem ständen aber knapp 37 Prozent gegenüber, die solche Positionen ablehnen und knapp 34 Prozent, die sie nur teilweise teilten.

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„Populismus geht immer mit einer Anti-Establishment-Haltung einher: Populismus kritisiert die etablierten politischen Parteien und Institutionen und oft auch die Medien. Während der Populismus in seiner radikalen Form diese Institutionen aber grundsätzlich infrage stellt, die herrschenden Parteien entmachten und das politische System radikal umbauen will, lehnt ein eher moderater Populismus die traditionellen Institutionen nicht gänzlich ab, sondern bemängelt einzelne Punkte und will diese verbessern.“

(Zitat aus der Studie)

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Auch diejenigen, die populistische Positionen teilen, sind der Studie zufolge eher moderat und plädierten zumeist nicht für radikale Ansichten. „Sie lehnen die Institutionen der Demokratie oder der EU nicht grundsätzlich ab, sondern kritisieren ihr Funktionieren“, schreiben die Autoren der Untersuchung. Darüber hinaus seien populistische Positionen für die große Mehrheit aller Wahlberechtigten nicht wahlentscheidend. „Von einer ‚Stunde der Populisten‘ ist das politische Klima vor der Bundestagswahl weit entfernt“, erklärte Robert Vehrkamp, Demokratieexperte der Stiftung die Ergebnisse. „Populisten in Deutschland sind häufig enttäuschte Demokraten, aber keine radikalen Feinde der Demokratie“. Gemessen an den USA und Frankreich sei die Kritik am politischen Establishment deutlich schwächer ausgeprägt.

Unter diesen Link  erklärt Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung  die Ergebnisse:

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„In Deutschland ist der Populismus in seiner Ausrichtung eher moderat als radikal einzustufen. So befürworten beispielsweise mehr als zwei Drittel der Menschen mit populistischen Einstellungen die EU-Mitgliedschaft und 85 Prozent bejahen das demokratische System.“ (Zitat aus der Studie)

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Populistisch eingestellte Wähler gibt es der Untersuchung zufolge über alle Parteigrenzen hinweg. Allerdings zeige sich, dass die Neigung zu populistischen Einstellungen umso größer ausfällt, je geringer der formale Bildungsstand und je niedriger das Einkommen ist. Das Thema, mit dem sich die Populisten in Deutschland derzeit am stärksten mobilisieren ließen, sei die Flüchtlingspolitik. Für die Studie wurden in drei repräsentativen Umfragen zwischen 2015 und 2017 jeweils mehr als 1.600 Wahlberechtigte interviewt. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ für die Wahlberechtigten in Deutschland.

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Über die Studie:

Für die Studie wurden in drei repräsentativen Online-Panel-Umfragen zwischen Juli 2015 und März 2017 jeweils mehr als 1.600 wahlberechtigte Deutsche zu ihren politischen Einstellungen interviewt. Die Umfragen wurden in unserem Auftrag von infratest dimap durchgeführt. Die Umfragen sind repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung, die zum Zeitpunkt der Bundestagswahl 2013 wahlberechtigt war.

Als populistisch eingestellt gelten laut Studie Personen, die sich auf Grundlage eines Fragebogens vollständig zu insgesamt acht verschiedenen anti-pluralistischen, anti-Establishment- und pro-Volkssouveränität-Aussagen bekennen, mit denen Populismus empirisch gemessen wird.

Das Veto des Präsidenten in Polen

Polens Präsident Duda legt sein Veto gegen die Reform des Justizapparates ein. Inzwischen gehen immer mehr junge Menschen gegen die Regierung auf die Straße.

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Ein Sieg der Demonstranten

Die Demonstranten feiern das Veto des Präsidenten wie einen Sieg. Andrzej Duda hat angekündigt, die umstrittene Justizreform vorerst nicht zu unterzeichnen. Der Staatschef kritisiert vor allem, dass angesichts der rücksichtslos durchgepeitschten Reform des Gerichtswesens die Spaltung der Gesellschaft drohe. Gegen das Vorhaben gehen seit Wochen Zehntausende Menschen auf die Straßen.

Der Präsident zeigt bei dieser Entscheidung das politische Gespür, das Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei PiS, längst abhanden gekommen ist. Das Tun des national-konservativen Politikers wirkt längst wie ein Feldzug gegen alle Andersdenkenden.

Die Jugend läuft davon

In der eigenen Partei findet sich niemand mehr, der sich ihm in den Weg stellt. Doch inzwischen wendet sich die Wählerschaft von der PiS ab, selbst die Jugend läuft der Partei davon. Dabei haben gerade sehr viele junge Polen ein Faible für nationalistische Parolen. Bei den Wahlen geben sie ihre Stimme eher rechten Parteien. Sehr hoch im Kurs steht die national-konservative Regierungspartei PiS oder die Bewegung Kukiz des Rocksängers Pawel Kukiz. Die wehrt sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen oder redet von der Islamisierung Europas. Auch die Partei des für seine radikalen rechten Aussagen bekannten Europaabgeordneten Janusz Korwin-Mikke (KORWiN) ist vor allem bei jungen Polen beliebt. Er propagiert, dass Frauen weniger verdienen sollten, weil sie weniger intelligent seien als Männer.

Die Demokratie wird ausgehöhlt

Lange haben diese jungen Polen zugesehen, wie die Regierung in ihrem Land die Demokratie aushöhlt. Auf die Straße gegangen sind bisher vor allem die Älteren, weil sie die Schrecken des kommunistischen Regimes noch kennengelernt haben. Sie wissen, was es bedeutet, wenn die Gewaltenteilung praktisch abgeschafft wird, sie haben die Willkür der Machthaber damals am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Jetzt aber machen plötzlich die jungen Polen mobil, eine Generation, die nichts anderes kennen gelernt hat als ein freies und demokratisches Polen. Ihnen scheint langsam klar zu werden, dass diese Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, dass man dafür auch kämpfen muss. Sie erkennen, dass sie durch die umstrittenen Reformen, die die PiS in den vergangenen Monaten durchs Parlament gepeitscht hat, eines Tages auch in ihrer Freiheit eingeschränkt werden könnten. Die jungen Polen sehen auch, dass der wirtschaftliche Aufschwung nur wegen der engen Verzahnung mit der EU gelingen konnte, dass ihr eigener Wohlstand direkt mit den offenen Grenzen zum Rest von Europa zusammenhängt.

Kein bürokratisches Monster

Das alles könnte ein jähes Ende haben, sollte die Regierung in Warschau weiter am Rückbau der Demokratie arbeiten. Aus diesem Grund gehen die jungen Menschen auf die Straße. Sie scheinen zu ahnen, dass die EU nicht nur das von der PiS beschriebene bürokratische Monster ist, sondern auch ein Garant für ein freies Leben.

AfD und die „kluge Provokation“

Es läuft nicht gut für die AfD. Die Umfragen sehen die Partei bei rund 8 Prozent – doch das ist der Führungsriege offensichtlich zu wenig. Nun wurde das Wahlkampfteam ausgetauscht. Das Ziel der Truppe: Durch „kluge Provokationen“ eine erhöhte Medienaufmerksamkeit schaffen. Das lässt für den Wahlkampf einiges befürchten.

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Die AfD ist unzufrieden mit der eigenen Performance.

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Eine neue „Spezialeinheit“

Die „Bild“ berichtet, dass ein siebenköpfiges Gremium mit den Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel faktisch die Steuerung des Wahlkampfs übernommen habe. Der „Focus“ berichtet von einer „Entmachtung“ des bisherigen Wahlkampfchefs Michael Büge.
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Aber natürlich ist alles ganz anders, als es sich darstellt. Aus diesem Grund meldete sich  AfD-Sprecher Christian Lüth zu Wort: „Von Entmachtung kann man nicht sprechen.“ Das bisherige Team leiste gute Arbeit. Allerdings gebe es eine neue Gruppe, die „strategischen Input“ geben solle. Das heißt, dass die „Spezialeinheit“ auf die Themen der AfD aufmerksam machen soll. Wie das gehen soll, zeigte sich auch bei der Beurteilung der Vorfälle in Schorndorf. Dort war es auf einem Stadtfest zu tumultartigen Szenen gekommen, so dass die Polizei eingreifen musste. Offensichtlich waren auch Asylbewerber beteiligt, was die AfD wieder einmal dazu veranlasste, das Ende des Abendlandes auszurufen.

Hier das Zitat aus einer Pressemitteilung der AfD. Darin äußert sich Jörg Meuthen, AfD-Fraktionschef im Landtag, über die Vorfälle in Schorndorf. Mehr als deutlich zu erkennen ist das Ziel, den Volkszorn gegen die Flüchtlinge zu schüren:

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„Inmitten von Flüchtlingen und jungen Glücksrittern sei „ein gewalttätiger Mob in unser Land eingedrungen, der dieses Land als Beute betrachtet, unsere Töchter als verfügbare Schlampen, unsere Söhne als Aggressionsmülleimer und unsere Sozialleistungen als das Starter Set für eine Gangster-Karriere“.“

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AfD interessiert sich nicht für Fakten

Das Problem: es stellte sich heraus, dass die Vorfälle in Schorndorf nicht so waren, wie sie anfangs dargestellt worden waren – und schon gar nicht so, wie sie die AfD nun beschreibt. Das ist den Politikern allerdings egal, denn sie haben ein zentrales Problem: Grund für das Absacken der AfD ist offensichtlich, dass der Partei eine Kernbotschaft fehlt, so lautet das Urteil Gaulands in seinem Strategiepapier. Diese Beobachtung wird auch in einer Studie der Universität Göttingen bestätigt.

Auf der Suche nach einem Thema

Daraus leitet die AfD ab, dass jede Gelegenheit genutzt wird, um beim Thema Flüchtlinge und innere Sicherheit – den beiden einzigen Punkten, mit denen die AfD noch zu punkten hofft – mächtig auf die Pauke gehauen wird. Auch wenn dabei die Wahrheit auf der Strecke bleibt.

Kaczynskis Feldzug

Kaum zu glauben, was in Polen passiert. Die Regierung demontiert die Demokratie, die Mehrheit des Volkes sieht zu. Allerdings gehen auch Zehntausende auf die Straße, um sich gegen die Justizreform zu wehren.

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Kaczynski hat eine Mission, die er nun rücksichtslos umsetzt.

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Ein umstrittenes Gesetz

Das von der rechtskonservativen PiS kontrollierte Unterhaus hatte ein Gesetz gebilligt, das der Regierung die Kontrolle über das Oberste Gericht überträgt. 235 Abgeordnete stimmten dafür, 192 dagegen, 23 enthielten sich.

Zehntausende Polen versammelten sich nun vor dem Warschauer Präsidentenpalast und forderten, dass der polnische Präsident Andrzej Duda sein Veto gegen die Reform einlegt. Sie sehen die Unabhängigkeit der polnischen Justiz bedroht und forderten unter anderem ein „freies europäisches Polen“. Auch in Krakau und Posen gab es Proteste, zu denen Bürgerinitiativen und Oppositionsparteien aufgerufen hatten. „Es ist ein schwarzer Tag in der Geschichte Polens“, sagte Grzegorz Schetyna, Vorsitzender der Oppositionspartei PO.

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Die Reaktion der EU

Die Europäische Union hatte bereits vor der Abstimmung im Parlament mit Sanktionen gedroht. „Wir schließen mittlerweile auch nicht mehr ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags aus“, sagte Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission. Damit wäre die EU befugt, Polen die Stimmrechte als EU-Mitglied zu entziehen. Laut der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gebe ihre Justizreform den Bürgern die Kontrolle über die Gerichte zurück und sorge für eine bessere Rechtsprechung.

Kaczynskis verbaler Ausfall

Während der Debatte um das Gesetz spielte sich eine vielsagende Szene ab. Der Chef der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, stürmte in der nächtlichen Sitzung ans Rednerpult und nannte Oppositionspolitiker „Kanaillen“ und „Verräter“. Es gab Tumulte. Mit seinem Auftritt reagierte Kaczyński auf Vorwürfe, er untergrabe die Gewaltenteilung und handele daher gegen den Willen seines verstorbenen Bruders, dem Ex-Präsidenten Lech Kaczyński. „Nehmt den Namen meines verstorbenen Bruders nicht in eure verräterischen Mäuler, ihr habt ihn zerstört und ermordet“, sagte Kaczyński. In Polen gibt es Gerüchte, der Flugzeugabsturz des Staatsoberhaupts 2010 bei Smolensk sei ein Anschlag gewesen. Das wurde aber nie bewiesen.
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Der Feldzug des PiS-Chefs

Es wird deutlich, dass Kaczynski eine Art Feldzug führt – ein Feldzug, den er nach seiner ersten Wahl zum Premier offensichtlich nicht mit der nötigen Härte und Konsequenz führte. Das will er nun offensichtlich nachholen – offensichtlich hat er gelernt. Doch warum folgen ihm so viele Polen? Es gelingt Kaczynski ein Wir-Gefühl hervorzurufen. Es geht gegen die Feinde Polens, die überall zu finden sind – vor allem in Deutschland und natürlich bei der Europäischen Union. Das führte zuletzt zu der skurrilen Situation, dass Polen das einzige Land war, das gegen die Ernennung des Polen Donald Tusk zum EU-Ratsvorsitzenden war.

Von Neurussland zu Kleinrussland

Da sind sogar die Freunde überrascht. Die Aufständischen in der Ostukraine haben den Staat  „Kleinrussland“ ausgerufen und stellen damit den Friedensplan in Frage. Die Reaktionen kommen prompt – sogar Moskau kritisiert den Schritt.

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Ein Panzer im Donbass

Was will Sachartschenko?

Was treibt den Separatistenführer Alexander Sachartschenko an? Handelt er eigenmächtig, wenn er den „Staat“ Malorossija ausruft? Vieles spricht dafür – selbst die verbündeten Separatisten in Luhansk lehnten das Projekt ab.

Allerdings geht der Separatistenführer offensichtlich davon aus, dass auch Luhansk am Ende mitzieht. „Wir gehen davon aus, dass die Donezker Volksrepublik und die Luhansker Volksrepublik gemeinsam die einzigen Territorien der Ukraine sind, die Krim nicht mitgerechnet, in denen eine gesetzliche Regierung gewahrt wurde“, sagte Sachartschenko.

Die Separatisten-Kollegen sind überrascht

Die mit Donezk verbündeten Separatisten in Luhansk reagierten überrascht. „Dieses Projekt wurde nicht mit uns besprochen“, sagte ihr Anführer Igor Plotnizki. Sein Vertrauter Wladislaw Dejnego sagte: „Wir haben davon aus den Medien erfahren.“

Die Idee eines eigenen Staates ist allerdings nicht wirklich neu. Teile des Donbass stehen seit April 2014 unter Kontrolle der von Moskau unterstützten Aufständischen. Anfänglich wollten diese einen Staat „Neurussland“ schaffen, bestehend aus großen Gebieten des Südens und Ostens der Ukraine. Mehrfach erklärten sie den Anschluss an Russland zum Ziel – nach dem Vorbild der 2014 annektierten Halbinsel Krim. Der Kreml erteilte dem jedoch eine Absage.
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Kiew reagiert gereizt

Kiew reagierte – wie zu erwarten war – gereizt auf die Ankündigung. „Die Ukraine wird die Souveränität über den Donbass und die Krim wieder herstellen“, sagte Präsident Petro Poroschenko. „Sachartschenko ist keine politische Figur, sondern eine Marionette, welche die Mitteilungen des Kremls überträgt.“ Er warf Russland vor, durch seine Unterstützung für die Separatisten die Ukraine zu spalten, und forderte schärfere westliche Sanktionen gegen Moskau.

Russland kritisiert den Schritt

Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow kritisierte, der Vorstoß widerspreche der Logik des Minsker Friedensplans. Dem stimmte auch der russische Gesandte in der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe, Boris Gryslow, zu. „Ich sehe das lediglich als eine Einladung zur Diskussion“, sagte er.

Fraglich ist nach diesem Schritt in Donezk, wie groß der Einfluss Russlands auf die Separatisten noch ist – oder spielt der Kreml ein doppeltes Spiel? Tatsache aber ist, dass der Minsker Friedensplan in seiner jetzigen Form wohl endgültig begraben ist – zumal zuletzt an seine Umsetzung sowieso nicht mehr zu denken war.