Die Erben von Marx und Engels

Vietnam ist kommunistisch – natürlich. Dort hat sich der als pro-chinesisch geltende Chef der Kommunistischen Partei (KP) im Machtkampf durchgesetzt. Das neu formierte Zentralkomitee bestätigte Nguyen Phu Trong (71) am Mittwoch (27.01.2016) im Amt des Generalsekretärs. Das ist die Gelegenheit sich einmal umzusehen: wie rein ist die Lehre in dem Land? Und wie halten es die anderen kommunistischen Staaten mit dem Manifest?

 

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Diese Herren gelten als die fünf Lehrer der Lehre

 

Der Einparteienstaat Vietnam hat – wie der mächtige Nachbar China – längst eine Wirtschaft mit kapitalistischen Zügen. Aber die KP sitzt in den südostasiatischen Land mit 93 Millionen Einwohnern nach wie vor fest im Sattel. Offiziell ist Vietnam in Südostasien ist eines der wenigen verbliebenen Länder weltweit mit kommunistischer Regierung. Aber all die kommunistischen Regime auf der Welt haben sich im Laufe der Jahrzehnte zum Teil sehr weit von den hehren Zielen von Marx und Engels weit entfernt.

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Wie viele kommunistische Staaten gibt es noch?

Je nach Betrachtung vier oder fünf: neben Vietnam sind es das kleine südostasiatische Nachbarland Laos, China, Kuba und eigentlich auch Nordkorea. Nordkoreas diktatorische Staatspartei hat den Kommunismus allerdings offiziell durch ihre eigene Staatsideologie (Chuch’e – oder Autarkie) mit starkem Personenkult ersetzt. Vor dem Zerfall der Sowjetunion und der Ostblockstaaten Anfang der 90er Jahre herrschten Kommunisten noch in weit mehr Ländern als heute.

 

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Lenin ist einer der wichtigen Vertreter des Kommunismus

Was verbindet die kommunistischen Regime?

Ihr Ausgangspunkt sind die Lehren der deutschen Staatstheoretiker Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) sowie des sowjetischen Staatsgründers Lenin (1870-1924). Ziel des Kommunismus ist eigentlich die klassenlose Gesellschaft, in der alle Menschen zum Gemeinschaftseigentum beitragen und davon leben.

Wer hat die Vision von Marx, Engels und Lenin vollendet?

Niemand. Im Gegenteil: China und Vietnam fördern längst Privateigentum und -initiative, es gibt immer mehr Millionäre, und die Kluft zwischen Arm und Superreich wächst. Überall blüht die Korruption, in Kuba und Laos ist der Staat marode. Nordkorea setzt auf Militärgewalt und Atomwaffen, während das Volk hungert.

 

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Die Sowjetunion, lange ein Hort des Kommunismus

Was stellen die Länder als ihre größten Errungenschaften dar?

Kuba rühmt sein Gesundheits- und Bildungswesen, China die Erfolge seiner „sozialistischen Marktwirtschaft“ und der Einheit des riesigen Landes. Vietnams Kommunisten schreiben sich die Vereinigung von Nord und Süd nach den verlustreichen Kriegen gegen Kolonialherren und Amerikaner auf die Fahnen, Nordkorea will sein Volk mit militärischer Macht beeindrucken. Laos stellt Frieden und Wiederaufbau heraus, nachdem die Amerikaner das Land im Vietnamkrieg als Rückzugsgebiet vietnamesischer Kommunisten zerbombten.

Wackeln die Regime?

Keines der Länder erlaubt freie Meinungsäußerung. Dissidenten werden überall verfolgt. Aber Aufstände sind nicht in Sicht. Laos ist dünn besiedelt, die meisten Menschen leben auf dem Land unbehelligt von der Politik. Viele Kubaner flüchten seit Jahren, setzen aber nun neue Hoffnung auf eine Öffnung durch die Annäherung an die USA. Nordkorea schüchtert sein Volk mit Abschreckung und Arbeitslagern ein. Vietnam, und China setzen auf Wachstum, was vielen Menschen die Aussicht auf materiellen Wohlstand gibt und die Unzufriedenheit in Zaum hält.

Spielen kommunistische Parteien anderswo noch eine wichtige Rolle?

Nicht wirklich. In den Ex-Sowjetrepubliken gibt es noch kommunistische Parteien oder deren Nachfolger, aber sie haben kaum politischen Einfluss. In Russland bilden die Kommunisten zwar noch die zweitgrößte Fraktion, haben aber auf absehbare Zeit keine Aussicht auf die Regierungsbildung. In Moldau, dem Nachbarland Rumäniens, sind die Kommunisten seit 2009 in der Opposition. In der Ukraine läuft seit 2014 ein Verbotsverfahren gegen die Kommunistische Partei. Im Himalaya-Staat Nepal ist die Partei des Regierungschefs dem Namen nach kommunistisch, aber sie stützt ein Mehrparteiensystem.

 

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Definition des Kommunismus

An dieser Stelle folgt die eine Definition des Kommunismus. Sie ist der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung entnommen. Hier geht es zur bpb-Seite

Kommunismus ist:

1) eine sozial-philosophische Utopie,

2) eine politisch-ökonomische Lehrmeinung und Ideologie und

3) eine politische Bewegung und Herrschaftsform. Grundlegende Idee des K. ist die Abschaffung des privaten Eigentums und die Bildung von Gemeineigentum.

1. Als soziale Utopie knüpft der K. u. a. an die Gerechtigkeitsideen Platos und an das Urchristentum an, aber auch an Utopisten (z. B. T. Morus) und utopische Sozialisten (z. B. C. Fourier). Ihr Leitbild ist etwa das einer dörflichen Gemeinschaft, die gemeinsam über alle zum Lebensunterhalt notwendigen Produktionsmittel (Boden, Tiere, Häuser) verfügt, praktisch alle Dinge selbst herstellt und gerecht untereinander verteilt.

2. Als politisch-ökonomische Lehrmeinung und Ideologie ist der K. (auch: wissenschaftlicher Sozialismus) v. a. eine Kritik des Kapitalismus, die zuerst von K. Marx (Marxismus) vorgebracht wurde. Danach ist der Kapitalismus die letzte Stufe einer Reihe von vorangegangenen Ausbeutungsverhältnissen »des Menschen durch Menschen«.

Im Kapitalismus gelingt es einer (gesellschaftlich) kleinen Gruppe von Kapitalisten, alles verfügbare Eigentum zu übernehmen. Maßgeblich hierfür sind der enorme technisch-industrielle Fortschritt und die zunehmende Arbeitsteilung, sodass die Kapitalisten immer mehr Kapital benötigen, um immer größere und leistungsfähigere Produktionsanlagen zu errichten und dabei weitgehend die Mitkonkurrenten auszuschalten; den Rahmen bildet eine nur für Kapitalisten vorteilhafte und vom kapitalistischen Staat geschützte Eigentumsordnung, die es erlaubt, eine zunehmende Anzahl von Besitzlosen (Proletariern) auszubeuten.

Durch den kapitalistischen Wirtschaftsprozess dezimieren sich also einerseits die Kapitalisten selbst und berauben sich andererseits aufgrund der massenhaften Mittellosigkeit und Verelendung der breiten Bevölkerungsmassen ihrer Absatzmöglichkeiten. Die so entstandene Krise des Kapitalismus führt zu einer als notwendig verstandenen Revolution des Proletariats. Das Privateigentum wird abgeschafft, und der technische Fortschritt kann allen Menschen zugutekommen. Die historische Abfolge von Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen ist beendet, die klassenlose Gesellschaft des K. geschaffen.

3. Dieser Grundgedanke wird im K. als politischer Bewegung und in den kommunistischen Staaten als Herrschaftsform variiert und weiterentwickelt, um bspw. a) den konkreten politischen Kampf um die Macht zu gewinnen (Marxismus-Leninismus), b) die kommunistische Herrschaft zu festigen (Stalinismus), c) den K. an außereuropäische Kontexte anzupassen (Maoismus) bzw. d) der Hegemonie der Sowjetunion auszuweichen (Titoismus) etc. I. w. S. sind hier auch die Strömungen des Euro-K. (z. B. I, F) zu nennen, wenngleich sich diese prinzipiell zum westlichen Demokratieverständnis bekannten.

Mit dem Ende der Sowjetunion als Schutzmacht des K. sind die kommunistischen Bewegungen weltweit zu einem Stillstand gekommen, und der K. wird als Lehrmeinung nur noch selten vertreten.

 

 

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