Flucht aus Syrien

Der Bürgerkrieg in Syrien treibt Millionen Menschen in die Flucht. Der blutige Konflikt war im Westen lange zum vergessenen Krieg geworden. Erst als die Flüchtlinge in Massen in Europa eintrafen, erinnerten sich die Menschen wieder dieses Krieges. Seit dem Eingreifen Russlands ist er endgültig zur Weltpolitik und zu dessen Spielball geworden.

In dieser Fotoreportage wird gezeigt, warum die Menschen fliehen, wo sie zuerst stranden und wie ihre Weg nach Europa aussieht. Und sie zeigt, dass das Elend und auch das Glück nicht überall dasselbe Gesicht hat und graduell durchaus unterschiedlich sein kann.

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Das sind die „Guten“! Syrische Rebellen versuchen in Aleppo die Angriffe der Truppen des Präsidenten Baschar al-Assad zurückzuschlagen. Die anfängliche Euphorie wuchs schnell einer großen Frustration, da sie auf die Hilfe des Westens gehofft hatten – die aber ausblieb. Inzwischen müssen sie sogar fürchten, von russischen Kampfjets angegriffen zu werden.

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Dieser Mann aus Aleppo hat fast alles verloren. Sein Haus ist zerbombt, seine Familie konnte er allerdings retten. Das Nachbarhaus ist ebenfalls zerstört, dort starben der Bruder des Mannes und dessen Frau

Die zweite Station der Reportagereise führt in ein Flüchtlingslager an der syrisch-türkischen Grenze (markiert mit dem kleinen roten Kreis). Dort leben rund 1000 Menschen und erbärmlichen Zuständen. Dennoch sagen sie, sie seien glücklich, da sie den Bomben entkommen sind. Allerdings haben sie ein Problem: die Türkei lässt sie nicht über die Grenze.

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In dem Flüchtlingslager herrschen katastrophale Zustände. Es gibt zwar mobile Toiletten, doch waschen müssen sich die Menschen im Freien. Der Rote Halbmond hat Zelte aufgebaut, sodass die Flüchtlinge etwas Schutz haben. Doch diese Zelte bestehen nur aus dünnen Plastikplanen. Um die Kälte und die Feuchtigkeit weniger zu spüren, haben die Flüchtlinge die Böden Plastiksäcken ausgelegt und Teppiche darüber gelegt – was aber nur mäßigen Erfolg verspricht.

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Flüchtlingslager Aleppo/Syrien

Erstaunlich ist, wie schnell sich die Menschen in dem Lager ihren Alltag selbst organisiert haben. Einige verkaufen in ihren Zelten Dinge des alltäglichen Bedarfs. Der Junge auf den Bild hat sich einen kleinen Bauchladen gebastelt und verkauft Süßigkeiten. Das macht er den halben Tag, die andere Hälfte geht er in eine provisorische Schule, die in einem ausrangierten Bus-Terminal eingerichtet worden ist.

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Ein Junge verkauft Süßigkeiten

Jordanien

Die nächste Station auf der Reportagereise ist das Flüchtlingslager Zaatari in Jodanien (auf der Karte rot markiert). Dort wohnen fast  100.000 Flüchtlinge, die meisten in Wohncontainern. Gegründet wurde es im Jahr 2012 und er erstreckt sich über rund drei Quadratkilometer.

Unter diesem Link sind alle Daten der Vereinten Nationen zu dem Lager Zaatari zu finden

Unter diesem Link hat die UN in interaktiven Grafiken alle Infos zur Lage in Jordanien und den einzelnen Lagern gesammelt

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Das Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien

Zwischen den Wohncontainern ziehen sich lange Wege – im Sommer heiß und staubig, im Winter kalt und schlammig. Eines der großen Probleme ist die sanitäre Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Versucht wird, alle Container mit Strom zu versorgen. In den Behausungen versuchen die Flüchtlinge, sich mit Radiatoren gegen die Kälte zu schützen. Im Sommer ist es in den Blechcontainern allerdings unerträglich heiß.

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Eine „Straße“ in dem Lager Zaatari

Zaatari hat sich Laufe der Jahre zu einer richtigen Stadt entwickelt. Es gibt dort auch einen „Einkaufsstraße“, die von den Flüchtlingen „Boulevard Paris“ genannt wird. Lastwagen bringen den ganzen Tag über Ware, die dann weiter verkauft wird. Die jordanische Regierung sieht diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen, da sie wollen, dass die Syrer nach dem Ende des Krieges wieder nach Hause gehen, schließlich wohnten schon sehr viele palästinensiche Flüchtlinge in Jordanien, die dort inzwischen sesshaft geworden sind.

Unter diesem Link sind Video der UN zum Leben in Zaatari zu sehen

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Ein Schuhgeschäft auf dem „Boulevard Paris“ in Zaatri

Die Vereinten Nationen versuchen mit sehr viel Aufwand den Flüchtlingen zu helfen. Wichtig ist es, die Menschen zu registrieren, bevor sie die Hilfe in Anspruch nehmen können. An eigens dafür eingerichteten Stellen werden die Personalien der Flüchtlinge aufgenommen, ob sie mit einer Familie angekommen sind, wie viele Kinder es gibt, ob Kranke dabei sind?

Nach dieser Prozedur bekommen die meisten Flüchtlinge dort auch eine elektronische Geldkarte – ähnlich einer EC-Karte. Damit können sie in bestimmten Geschäften einkaufen. Auf diese Weise werden die Flüchtlinge in der armen Region zu einem positiven Wirtschaftsfaktor – was die Aufnahmebereitschaft der Einheimischen fördert. Eine Familie bekommt rund 30 Dollar Hilfe im Monat.

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Eine Registrierungesstelle der UN in Jordanien

Für die Flüchtlinge, die in Jordanien ankommen und noch nicht den Registrierungsprozess durchlaufen haben, halten die UN eine Soforthilfe bereit. Das sind die Grundnahrungsmittel, mit denen eine Familie die ersten Tage überleben kann. Ziel ist es aber, diese Sachhilfe nach kurzer Zeit zu beenden und auf die Geldkarte überzugehen.

Nach Aussagen der UN-Mitarbeiter ist das auch eine Frage der „Würde“, dass die Menschen ihr Leben auch in dieser Situation so weit wie möglich selbst bestimmen können – und dazu gehört auch zu bestimmen, was sie essen wollen.

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Die Wochenration für eine Familie

Libanon

Die nächste Station auf der Reportagereise ist der Libanon. Dort gibt es keine offiziellen Flüchtlingscamps. Die Menschen leben in den Dörfern und Städten. Dennoch versuchen die Vereinten Nationen den Menschen zu helfen.

Unter diesem Link sind interaktive Grafiken der UN zur Lage im Libanon zu finden

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Nicht alle Flüchtlinge finden im Libanon ein festes Dach über dem Kopf. Tausende sammeln sich deshalb Bretter und Planen zusammen und bauen sich daraus notdürftige Behausungen. Wenn es regnet, sind diese Ansammlungen regelmäßig überschwemmt, da es meist keine Drainage gibt.

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Flüchtlingsgebausungen im Libanon

Hier noch ein Bericht der Deutschen Welle zur Situation der Flüchtlinge im Libanon.

Eine der wichtigsten Aufgaben der UN ist in dieser Situation, die Kinder mit Bildung zu versorgen. Auch im Libanon, wo es keine offiziellen Lager gibt, wird daran gearbeitet. So werden die Kinder mit Lernmaterialien versorgt und es werden Klassen gebildet. Das ist zumindest für sie ein Stück wichtige Normalität.

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Ein syrischer Flüchtlingsjunge im Libanon

Irak

Die nächste Station der Reportagereise geht in den Irak. Dort ist in der Nähe von Mossul ein Lager für die Flüchtlinge eingerichtet worden. Das Volk der Jesiden war bis Anfang 2015 nur wenigen Leuten ein Begriff. Nach dem Angriff des so genannten Islamischen Staates und dem geplanten Genozid, war die internationale Hilfe für diese Menschen aber schnell auf die Beine gestellt.

Hier sind die neusten UN-Informationen zur Lage im Irak

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Flüchtlingslager in der Nähe von Mossul

Innerhalb weniger Wochen wurde von den Vereinten Nationen das Lager aus dem Boden gestampft. Toiletten wurden gebaut und die Stromversorgung sicher gestellt. Wichtig war es, den geschundenen Menschen auf ihrer Flucht vor dem IS eine erste Anlaufstation und Sicherheit zu geben.

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Das Jesiden-Lager in der Nähe von Mossul

Vor allem die jesidischen Frauen und Mädchen haben unfassbare Grausamkeiten erfahren. Für ihre Versorgung wurden auch extra geschulte Psychologen angestellt. Doch nicht alle wollen über ihre Erlebnisse sprechen, da sie fürchten, von der Gemeinschaft ausgestoßen zu werden.  Ein Programm des Landes Baden-Württemberg sieht vor, dass 1000 dieser Frauen zur psychologischen Betreuung nach Deutschland geflogen werden. Das Programm läuft schleppend und steht in der Kritik. Tenor: es wäre besser, diese geschundenen Seelen im Kreis ihrer Familien zu versorgen.

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Zwei jesidische Mädchen beim Brot backen

 

Türkei

Die nächste Station ist die Türkei. Lange hat Ankara in der Flüchtlingskrise internationale Hilfe verweigert. Er nach und nach wurden Hilfsorganisationen zugelassen. Nun spielt die Türkei eine zentrale Rolle in der Bewältigung der Flüchtlingskrise.

Hier die interaktiven UN-Angaben zur Lage in der Türkei

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Flüchtlingslager bei Kilis

In der Nähe der Stadt Kilis hat die Türkei ein großes Flüchtlingslager gebaut. Der Standard ist ähnlich dem Lager in Zaatari. Allerdings ist dieses Lager bei den Flüchtlingen nicht sehr beliebt, zu starr sind die Vorschriften für die Menschen. Einige sprechen von einer Art Gefängnis, weshalb die meisten weiter ziehen und Unterschlupf in Kilis oder Gaziantep suchen.

In Kilis, einer kleinen Stadt an der Grenze zu Syrien leben etwa 80.000 Einwohner. Nach inoffiziellen Schätzungen ist dort bisweilen dieselbe Anzahl von Flüchtlingen untergebracht. Natürlich sind diese Menschen inzwischen eine Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt und auch dem Arbeitsmarkt. In Gaziantep ist es deswegen bereits zu Ausschreitungen gekommen, die von der Polizei allerdings kontrolliert werden konnten.

Dieser Supermarkt ist in dem Lager in Kilis zu finden. Auch hier wird das Konzept der UN umgesetzt – die Flüchtlinge bekommen eine Geldkarte und können sich ihre Lebensmittel selbst kaufen. Auch haben in dem Lager kleine Geschäfte aufgemacht, wo kleinere Dienstleistungen oder Dinge des täglichen Bedarfes angeboten werden.

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Supermarkt im Lager bei Kilis

Die türkische  Stadt Mersin ist unter den Flüchtlingen inzwischen eine wichtige Etappe geworden. Von dort starten viele Boote über das Mittelmeer. Auch die klapprigen Frachter, die immer wieder vor der Küste Italiens treiben, starten oft von Mersin aus ihre lange und gefährliche Fahrt. Wer hinter dern Schleppern allerdings dunkle Gestalten und Seelenverkäufter vermutet, der wird enttäuscht. Der Transport von Flüchtlingen ist inzwischen zum lukrativen Geschäft für viele Geschäftsleute geworden. Das reicht vom Busunternehmer bis zum Wohungseigentümer.

Nach Schätzungen von Fachleuten kaufen Geschäftsleute einen der schrottreifen Frachter, die vor Mersin liegen für rund 300.000 Dollar. Dort packen sie so viele Menschen drauf wie nur möglich. Allerdings läuft das alles nach genauem Plan ab. Für seine Flucht über das Meer leisten die Menschen eine Anzahlung, der Rest der Summe – meist zwischen 2000 und 5000 Dollar – wird erst gezahlt, wenn die Flüchtlinge in Griechenland oder Italien angekommen sind.

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Der Hafen von Mersin und alte Frachter

Serbien

Die nächste Station der Reportagereise ist Serbien. Dort stranden die Flüchtlinge und befinden sich an der Grenze zur EU. Die Staaten des Balkans sind mit dieser Krise völlig überfordert. Inzwischen beginnen fast alle mit dem Bau von Zäunen. Oder die Menschen werden so schnell wie möglich durch das eigene Land transportiert. Das führt inzwischen zu Spannungen zwischen den Staaten, die sich sowieso schon nicht wirklich wohl gesonnen sind.

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Registrierung der Flüchtlinge in Novi Sad

In einem Kindersanatorium hat der serbische Staat eine kleine Zwischenstation für die Flüchtlinge eingerichtet. Dort werden sie versorgt und – wenn nötig – medizinisch untersucht. Allerdings bleiben die Menschen nicht lange. Die meisten ruhen sich nur kurz aus und setzen dann ihre Wanderung in Richtung Westen fort. Wer sich verpflegen lässt, der muss sich auch registrieren – doch wird nicht kontrolliert, ob die Angaben auch stimmen. Der Transport durch Serbien geschieht mit Taxen und Bussen, die die Flüchtlinge an der serbisch-mazedonischen Grenze aufnehmen.

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Essen für die Flüchtlinge

Überlebenswichtig für die Flüchtlinge ist ihr Smartphone. Aus diesem Grund ist ihre erster Gang oft zur Steckdose, um das Gerät wieder aufzuladen. Ein Mann bewacht für eine geringe Gebühr die Geräte.

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Ladestation für Smartphones

Wer auf dem langen Weg einen Teil seiner Familie verloren hat, kann in der in dem Kindersanatorium eine Nachricht hinterlassen. Das ist Grund genug für viele Flüchtlinge, dort einen Zwischenstopp einzulegen.

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Flüchtlinge suchen Verwandte

 

Frankreich

Die nächste Station auf der Reise ist Calais – ein Schandfleck Europas.

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In Europa angekommen hoffen viele Flüchtlinge, endlich ein Leben in Frienden und Sicherheit zu finden. Diese Hoffnung bleibt vielen allerdings verwehrt. Trotz der Hilfe vieler Freiwilliger, scheint es kaum möglich, die Menschen anständig zu versorgen. Einer der Tiefpunkte findet sich in Calais. Dort leben mehrere Tausend Flüchtlinge unter unwürdigen Zuständen.

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Aus Müllresten haben sie sich am Stadtrand von Calais Behausungen zusammen gezimmert. Am Rand des „Dschungels“ – so nennen die Flüchtlinge und die Einheimischen diesen Flecken Erde – stehen mobile Toiletten. Für die ärztliche Versorgung ist nur notdürftig gesorgt. In einer nahen, stillgelegten Schule können sich die Menschen duschen und haben auch Aufenthaltsräume.

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Wasserversorgung im „Dschungel“ von Calais

Die Flüchlinge wollen nach Großbritannien weiter. Dazu versuchen sie, auf die Züge des Eurostars aufzuspringen – eine gefährliche Sache, die viele schon mit dem Leben bezahlt habe. Inzwischen gelingt kaum einem mehr dieser Weg durch den Tunnel. Die Gründe, weswegen sie nach Englang wollen sind vielfältig. Zum einen ist es die Sprache, da viele von ihnen Englisch sprechen. Dann haben viele Verwandte oder Bekannte auf der Insel. Andere wiederum sagen, dass es von Großbtritannien aus leichter ist, nach Kanada, in die USA oder Australien zu kommen.

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Stacheldraht am Eurotunnel

Der Eurotunnel ist inzwischen gesichert wie eine Festung. Im Sommer machten dort Polizisten regelrecht Jagd auf Flüchtlinge, die versuchten, auf die Züge aufzuspringen. Wegen dieser Hoffnungslosigkeit kommt es in dem Lager in Calais immer häufiger zu Gewaltausbrüchen.

Hier noch ein Bericht der Deutschen Welle über die Lage in Calais.

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Räumung des Lagers in Calais

Anfang März 2016 haben die Behörden begonnen, das Lager in Calais zu räume. Es kam zu tumultartigen Szenen. Viel Migranten haben mit verzweifelten Aktionen der Auflösung ihres Flüchtlingslagers in der französischen Stadt Calais entgegen gestellt. Sie kletterten auf Dächer ihrer provisorischen Hütten und warnten die Polizisten davor, ihnen näher zu kommen. Eine Frau brachte sich Schnittwunden an den Handgelenken bei, wurde von Beamten aber schließlich vom Dach geholt. Ihr Begleiter wurde dabei mit Schlagstöcken geschlagen. Die Räumkommandos rückten langsam weiter vor, um die Behausungen in dem Lager platt zu machen.
Frankreich hat den Flüchtlingen angeboten, sie in beheizten Containern oder in Lagern unterzubringen, wo sie Asylanträge stellen könnten. Die Behörden werfen der Aktivistengruppe No Borders vor, den Widerstand gegen die Evakuierung des Lagers geschürt zu haben. Viele Migranten befürchten, keine Chance auf eine Aufnahme in Großbritannien mehr zu haben, wenn sie französische Hilfsangebote annehmen.