In Paris wird die Corona-Inzidenz zur Nebensache

Frankreichs Hauptstadt ist ein Corona-Hotspot, doch die Menschen dort scheint das inzwischen nicht mehr zu kümmern

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Am Trocadéro in Paris demonstrieren über 20.000 Menschen – Abstandhalten ist nur schwer möglich

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Es treibt die Menschen auf die Straße

Der Parkwächter wird nicht müde, die Menschen zu ermahnen. „Ziehen Sie bitte die Maske über die Nase“, sagt der Mann immer wieder, doch führt er einen aussichtslosen Kampf. Zehntausende drängen an diesem strahlendblauen Wochenende in den beliebten Park Buttes-Chaumont im 19. Arrondissement von Paris. Auf den Wiesen herrscht ausgelassenen Picknick-Laune. Erst als am Sonntag einige Hundert junge Besucher große Lautsprecher auffahren und beginnen, eine wilde Rave-Party aufzuziehen, schreiten die Parkwächter ein und vertreiben die Leute.

Das Corona-Virus scheint seinen Schrecken verloren zu haben. Die Pandemie ist aus den Köpfen der Menschen verschwunden, verdrängt in eine entfernte Ecke der Gedankenwelt. Doch die Realität ist eine grausame: auf den Intensivstationen in Frankreich ringen noch immer fast 6000 Corona-Patienten mit dem Tod, gut tausend mehr als auf dem Höhepunkt der zweiten Welle im November. Jeden Tag infizieren sich rund 30.000 Franzosen mit dem Virus. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in einigen Stadtteilen von Paris deutlich über 500.

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Die Bistros bleiben vorerst noch geschlossen

Denn dieser bedrohliche Wert spiegelt sich allerdings nicht mehr im täglichen Leben der Hauptstadt wieder. Zwar sind viele Restaurants und Bistros weiter geschlossen, doch die Menschen drängen sich mit großer Sorglosigkeit in den Straßen. Am Sonntag fanden zudem mehrere große Demonstrationen statt, die von den Behörden genehmigt worden waren. Am Eiffelturm versammelten sich über 20.000 Menschen, um gegen ein umstrittenes Gerichtsurteil zu demonstrieren. Bei einem „Lesben-Marsch“ vor dem Senat in Paris haben mehrere Tausend Teilnehmerinnen für das Recht auf künstliche Befruchtung für alle demonstriert.

Auch an normalen Wochentagen brummt in vielen Straßen der Stadt das Leben. In der Nähe der Métro-Haltestelle La Chapelle etwa, einem Viertel mit sehr vielen kleinen Lebensmittelgeschäften, scheint es keine Pandemie zu geben. Masken und Abstandsregeln sucht man dort oft vergebens.

Die Strategie der Politik

Auch die Politik scheint den zuerst sehr energisch geführten Kampf gegen die Pandemie aufgegeben zu haben. Trotz der hohen Infektionszahlen wurden am Montag die ersten Schulen wieder geöffnet. Präsident Emmanuel Macron persönlich wünschte den Kindern einer Grundschule in Melun südlich von Paris einen guten Unterrichtsbeginn. Kommende Woche werden auch die Mittelschüler und Gymnasiasten wieder den Präsenzunterricht aufnehmen. Dieser Schritt sei wichtig, um „gegen soziale und schicksalhafte Ungleichheiten zu kämpfen“, betonte Macron und verwies in Sachen Schutzmaßnahmen auf die wöchentlich 400.000 Corona-Speicheltests in Kitas und Grundschulen. Eine Klasse werde in Quarantäne geschickt, wenn bei einem Kind eine Corona-Infektion festgestellt werde.

Immer offener wird in der französischen Politik darüber diskutiert, was den Menschen im Kampf gegen die Pandemie noch zumutbar sei. Gleichzeitig drängen in Paris die Restaurantbesitzer darauf, zumindest die Freiluftterrassen wieder öffnen zu können. Das soll nach dem Willen der Regierung Mitte Mai passieren. Kultureinrichtungen sollen dann schnell folgen. Offensichtlich setzt die Regierung inzwischen auf die steigende Zahl geimpfter Personen und auf die Hoffnung, dass keine neue Corona-Mutanten auftreten, die die ersten Erfolge schnell zunichtemachen könnten.

Neuanstrich des Eiffelturms wegen Bleifunden ausgesetzt

Das Wahrzeichen von Paris soll in Zukunft golden erstrahlen. Doch nun gibt es Probleme, die allerdings nicht ganz unerwartet sind.  

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Der Eiffelturm wird neu angestrichen – doch nun gibt es Probleme

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Eine nicht ganz überraschende Überraschung

Böse Überraschung am Eiffelturm. Das Wahrzeichen von Paris sollte pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen 2024 in einem neuen Farbkleid erstrahlen. Doch nun müssen die Arbeiten unterbrochen werden, denn am Fuß des Stahlriesen wurden in der Erde besorgniserregend hohe Konzentrationen von Blei gemessen.

Nach der Ursache musste nicht lange geforscht werden. Wie die Betreibergesellschaft Sete mitteilt, werde bei den Malerarbeiten dieses Mal gründlicher vorgegangen, als in der Vergangenheit. Das heißt, dass nicht nur eine neue Farbe aufgetragen wird, sondern vor dem Anstrich die alten Schichten mit speziellen Geräten abgetragen werden. Das soll die Haftung des neuen Anstrichs verbessern und die Metallstruktur des Turms in Zukunft besser vor Korrosion schützen.

Insgesamt werden 60 Tonnen neue Farbe aufgetragen, die Arbeiten sollen etwas zwei Jahre dauern. Seit 1968 trägt das eiserne Bauwerk die Farbe „Eiffelturm-Braun“. Sie soll einem golden schimmernden Farbton weichen. Diesen soll sich auch der Ingenieur Gustave Eiffel gewünscht haben, der den Turm für die Pariser Weltausstellung 1889 errichtete.

Die Wirkung von Wind und Regen

Die Verantwortlichen wussten allerdings, dass dieses Vorgehen auch Probleme mit sich bringen würde. Denn alle Farbschichten, die vor 1995 aufgetragen worden waren, sind mit Blei versetzt sind. Zum Schutz der Arbeiter und der unmittelbaren Umgebung wurden deshalb dünnmaschige Netze gespannt, die eine Kontamination verhindern sollten. Doch nun hat sich gezeigt, dass das nicht funktioniert und die Bleirückstände, von Wind und Regen fortgetragen, trotzdem auf der Erde landen.

„Als Vorsichtsmaßnahme haben wir die zuständigen Unternehmen angewiesen, die Arbeiten vorerst einzustellen“, erklärt die Betreiberfirma des Eiffelturms. Nun werde geprüft, welche „Mechanismen zum individuellen und kollektiven Schutz“ der 80 Arbeiter und der unmittelbaren Umgebung getroffen werden müssen, um die Renovierung gefahrlos fortzusetzen.

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Schlechte Erinnerung an Notre-Dame

Mit großem Bangen erinnern sich die Verantwortlichen an die großen Probleme mit Bleiverunreinigungen nach dem verheerenden Brand in der Kathedrale Notre-Dame. Durch das Feuer vor zwei Jahren war das Blei in dem Dach geschmolzen und ging in der unmittelbaren Umgebung des Gebäudes nieder. Der Platz um die Kirche wurde großräumig abgesperrt, sogar einige Schulen in der Nähe wurden geschlossen. Die Sanierungsarbeiten standen damals über Monate still und die giftigen Rückstände mussten mit großem technischen Aufwand eingesammelt und entsorgt werden.   

Die Bleifunde an dem Wahrzeichen von Paris sind schlechte Nachrichten in einer katastrophalen Zeit. Wegen der Corona-Pandemie ist der Eiffelturm seit Monaten geschlossen. Das Defizit beläuft sich nach Angaben der Betreiber inzwischen auf über 50 Millionen Euro und noch immer ist nicht klar, wie und wann der Turm wieder für Besucher geöffnet werden kann.

Zudem war wegen des 130-jährigen Bestehens des Bauwerks und der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele eine umfassende Sanierung des Turms in Auftrag gegeben worden. Allein das gründliche Abtragen der alten Farbe und der neue Anstrich schlagen mit fast 60 Millionen Euro zu Buche. Insgesamt sollen die Arbeiten etwa 300 Millionen Euro verschlingen.

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Der Eiffelturm muss sich neu erfinden

Dazu gehört auch, dass den Besuchern in Zukunft mehr geboten werden soll. „Man muss den Eiffelturm neu erfinden“, sagt Partick Branko Ruivo, Generaldirektor der Betreibergesellschaft. Es genüge nicht mehr, das Bauwerk nur ansehen zu können. Aus diesem Grund wird auf der ersten Etage eine Art Erlebnisraum eingerichtet, in dem mittels interaktiver Bildschirme und Infoboxen die Geschichte begreifbar gemacht wird. Zudem werden dort in Zukunft auch Musikevents stattfinden und eine neue Brasserie soll die Gäste verpflegen.

Das alles aber ist Zukunftsmusik. Im Moment werden an ausgesuchten Stellen des Stahlmonsters neue Möglichkeiten getestet, um die Farbe gefahrlos abzukratzen. Zudem werden 70 Bodenproben pro Woche genommen, um die Verunreinigungen durch Bleirückstände zu messen. Die Betreiber blieben dennoch optimistisch, dass der Eiffelturm rechtzeitig zu den Olympischen Sommerspielen 2024 in seinem goldenen Farbton erstrahlen wird.


Infos zum Eiffelturm

BAUWERK: Der Eiffelturm wurde für die Weltausstellung gebaut – sie wurde am 6. Mai 1889 eröffnet. Er ist 324 Meter hoch – inklusive der Antenne auf der Spitze des Bauwerks. Auf der ersten Etage befinden sich Besucher in 57 Metern Höhe, auf der zweiten in 115 Metern. Die oberste Aussichtsplattform befindet sich auf 276 Metern Höhe. Die Stahlkonstruktion allein wiegt 7300 Tonnen, insgesamt wiegt das Bauwerk 10.000 Tonnen. Mehr als 18.000 Eisenteile wurden verwendet, rund 2,5 Millionen Nieten halten ihn zusammen.

ANSTRICH: Der Turm wurde seit dem Bau mehrfach komplett neu gestrichen. Die offizielle Farbe „Eiffeltum-Braun“ trägt er seit 1968. Dieser bronzefarbene Anstrich ist von oben nach unten in drei Schattierungen von hell nach dunkel abgestuft – so soll Leichtigkeit vermittelt werden. Zuvor war der Stahlbau auch schon Venedig-Rot und ockerfarben angemalt. Für den Anstrich werden 60 Tonnen Farbe verbraucht. Im Schnitt dauert das 18 Monate und kostet vier Millionen Euro.

LICHT: Am Abend funkelt der Turm zu jeder Stunde. Auch finden doch immer wieder Lichtshows statt. Alle Lichtinstallationen sind urheberrechtlich geschützt. Fotos davon dürfen zwar für den privaten Gebrauch gemacht werden. Wer die Bilder verbreiten will, braucht dafür aber eine Genehmigung.

TERROR: Nach der islamistischen Anschlagsserie, die Frankreich in den vergangenen Jahren erschüttert hat, wurde der Eiffelturm nachgerüstet. Seit 2018 schützen kugelsichere Glaswände den Stahlturm vor Terrorangriffen. Sie sind drei Meter hoch und stehen einmal auf der Seite zur Seine und gegenüber, Richtung Marsfeld. An den Längsseiten sind Metallzäune hinzugekommen. Die neuen Sicherheitsvorkehrungen waren durchaus umstritten, ist der Turm doch auch ein Symbol der Freiheit. Laut Betreiber waren sie aber notwendig.

Notre-Dame in Paris soll 2024 wieder geöffnet werden

Die Pariser Kathedrale Notre-Dame soll 2024 wiedereröffnet werden. Zwei Jahre nach dem Brand betonen alle Verantwortlichen, dass der Termin eingehalten werde. Experten sagen jedoch, dass die Sanierung des Gebäudes noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Im Moment werden noch die Eichen für die Rekonstruktion des Dachstuhls geschlagen.

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Der Brand in Notre-Dame versetzte ganz Frankreich in einen Schockzustand

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Fast eine Milliarde Euro für den Aufbau

An Geld wird es bei den Arbeiten den Notre-Dame allerdings nicht fehlen. Es stünden genügend Mittel bereit, um das bei einem Brand vor zwei Jahren schwer beschädigte gotische Gotteshaus bis 2024 wiederaufzubauen, sagte Kulturministerin Roselyne Bachelot. Die Ministerin bezifferte die Gesamtsumme aus Spenden und Zusagen auf 833 Millionen Euro.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchte am Donnerstag, dem Jahrestag des Brandes, die Kathedrale. Mit einem Aufzug fuhr er auf eine Plattform in 47 Metern Höhe, um den Stand der Restaurierung des 850 Jahre alten Bauwerks zu begutachten und allen Beteiligten zu danken. „Wir können hier sehen, wie viel Arbeit in zwei Jahren geleistet wurde“, sagte er. „Wir haben nicht mehr als einen Zwischenschritt erreicht. Wir sehen auch, wie viel noch zu tun bleibt.“ Er zeigte sich stolz und sehr beeindruckt, was von den verschiedenen Berufsgruppen geleistet wurde.

Das Feuer am 15. April 2019 brachte unter anderem das Dach und den Spitzturm der Kathedrale zum Einsturz. Schon in der Brandnacht hatte Emmanuel Macron einen Wiederaufbau binnen fünf Jahren versprochen, pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen in Paris 2024. Nun wiederholte Macron den Satz bei seinem Besuch der schwer beschädigte Pariser Kathedrale. „Die Zusage für 2024 wird eingehalten werden“, sagte der 43-Jährige. Und: „Der Wiederaufbau von Notre-Dame ist ein enormes menschliches, kollektives Abenteuer.“ Es seien unzählige Berufe wie Schreiner, Gerüstbauer, Kranführer, Orgelbauer, Glaser, Restauratoren in Malerei oder Skulptur sowie Steinmetze involviert. Die Kathedrale sei „in guten Händen“.

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Mächtige Eichen für Notre-Dame

In den vergangenen Monaten wurden in den französischen Wäldern die ersten Eichen für die Rekonstruktion des Daches geschlagen worden. Die mächtigsten Stämme werden zum Bau des markanten Vierungsturms benötigt, der bei dem verheerenden Großbrand im April 2019 im Flammenmeer versank, mit Getöse ins Kirchenschiff stürzte und Frankreich in ein nationales Trauma stürzte. Allein für die Konstruktion dieses hölzernen Dachreiters sind viele Hundert Eichen notwendig. Im gesamten Dachstuhl sollen insgesamt rund 2000 verbaut werden.

Über Monate sind die Mitarbeiter der Nationalen Forstbehörde durch die Wälder Frankreichs gezogen, um nach geeigneten Bäumen zu suchen. Die Kriterien sind streng: das Holz muss einen Durchmesser zwischen 50 Zentimeter und einem Meter haben, gerade gewachsen und mindestens acht Meter hoch sein. Für das Fällen des ersten Baumes reisten sogar die französische Kulturministerin Roselyne Bachelot und ihr Amtskollege für Landwirtschaft, Julien Denormandie, in den Wald von Bercé in der Region Pays de Loire, nur wenige Kilometer vom Wald von Millançay entfernt.

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Der „Baum Nummer Eins“

Der „Baum Nummer Eins“ ist ein außergewöhnlich stattliches Exemplar seiner Art, mit mehr als einem Meter Durchmesser und einer Länge von über zwanzig Metern. Dieser weit über 200 Jahre alte Stamm wird einer der sechs langen Balken sein, die den Sockel des Vierungsturmes bilden und am Ende die gesamte Konstruktion tragen werden.

Nach dem Inferno waren Architekten aus der ganzen Welt mit ihren Ideen in Paris vorstellig geworden, wie das Dach von Notre-Dame in Zukunft aussehen könnte. Wagemutige Entwürfe von Glasgewölben machten die Runde, ein Lichtkuppel sollte entstehen oder sogar ein Schwimmbad in schwindelnder Höhe. All diese Pläne fanden bei den Verantwortlichen allerdings keine Gnade und sie entschieden, dass das Dach nach dem Brand aussehen sollte wie vor dem Brand. Dazu gehörte auch, dass der beeindruckende Dachstuhl, der vor der Katastrophe voller Ehrfurcht „der Wald“ genannt wurde, wieder aus Eichenholz sein sollte.

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Wichtig sind die alten Aufzeichnungen

„Zum Glück haben wir alle Aufzeichnungen über die Arbeit von Eugène Viollet-le-Duc“, erklärt Rémi Fromont, einer der zahlreichen Architekten, die am Wiederaufbau von Notre-Dame beteiligt sind. Der Baumeister Viollet-le-Duc hatte die umfassende Sanierung der Kathedrale im 19. Jahrhundert geleitet. Zusammen mit seinen Plänen, unzähligen Fotos und 3D-Modellen wurde genauestens berechnet, wie viele Eichen benötigte werden.

„Jeder für Notre-Dame gefällte Baum bekommt eine eigene Nummer“, erklärt Sylvain Jannaire, Mitarbeiter der Nationalen Forstbehörde. „Diese Nummer korrespondiert mit der entsprechenden Nummer auf den Bauplänen.“ So ist sofort erkennbar, wo der gefällte Baum eines Tages im Dachstuhl von Notre-Dame seinen Platz finden wird.

Die Zahl von 2000 Eichen für den Wiederaufbau scheint enorm, doch ein Mangel an Bäumen herrscht nicht. Schwieriger war es, die Regionen auszusuchen, aus denen die Eichen geholt werden. Fast jede Gemeinde des Landes wollte sich an dieser einzigartigen Aufgabe von nationaler Tragweite beteiligen. Auch viele private Waldbesitzer wollte unbedingt Bäume spenden.

Die schwierige Suche nach den Bäumen

„Als Symbol war es auf jeden Fall notwendig, das ganze Land abzudecken, was nicht so einfach war, weil im Süden Frankreichs oder auf Korsika nur wenige Eichen wachsen“, sagt Philippe Gourmain, der die Suche nach tauglichen Bäumen im Auftrag der Nationalen Waldbehörde koordiniert. Sogar der kanadische Premierminister Justin Trudeau bot bei einem Besuch im Mai 2019 in Paris die Hilfe seines Landes an. Frankreich könne sich auf die „kanadischen Cousins“ verlassen, wenn ein Mangel an brauchbarem Holz bestehe, ließ es großzügig wissen.

Aber natürlich regt sich auch Kritik an dem Abholzen der Eichen. Umweltschützer sprechen sogar von einem „Ökozid“ und haben sich mit einer Petition an die Umweltministerin Barbara Pompili gewandt. Warum werde der zerstörte Dachstuhl – wie bei den Kathedralen in Nantes oder Reims – nicht aus Beton oder Stahl nachgebaut, lautet eine Frage? Die Kommission für den Wiederaufbau der Kathedrale habe sich nach reiflicher Überlegung für die identische Rekonstruktion entschieden, heißt es von Seiten der Verantwortlichen. Zudem sei es ja auch eine Art Ehre für die Bäume, die nächsten 1000 Jahre das Dach von Notre-Dame zu tragen.

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Der berühmte „Idefix-Reflex“

Wesentlich pragmatischer argumentieren die Forstwirte. Sie betonen, dass für Notre-Dame nur 0,1 Prozent der alljährlich in Frankreich abgeholzten Eichen verwendet würden, also eine verschwindend geringe Menge. Hinter der Hand sprechen sie allerdings auch etwas spöttisch von einem „Idefix-Reflex“ der selbsternannten Eichen-Schützer. In den Asterix-Comics weint der kleine Hunde Idefix jedes Mal erbärmlich, wenn sein etwas ungeschicktes Herrchen Obelix aus Versehen einen Baum umschmeißt.

Eine kleine, vielleicht überlebenswichtige Änderung wird es bei der kühnen Konstruktion aus 2000 Eichen allerdings geben. Damit sich ein möglicher Brand in Zukunft nicht mehr rasend schnell ausbreiten kann, werden im Dachstuhl der Kathedrale von Notre-Dame zur Sicherheit Feuertüren eingebaut.

Mehr als eine Glaubensfrage

Der Streit um den Bau einer Moschee in Straßburg zieht seine Kreise bis nach Paris. Es geht um Religion, Politik und nun hat auch die Justiz ein Wort mitzureden. 

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Die umstrittene Moschee in Straßburg. Der Bau ist in vollem Gange.

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„Das ist die Moschee der Türken“

Der alte Mann hat sein Rad in den mächtigen Schatten der Baustelle geschoben. Interessiert lässt er seinen Blick über die hellgrauen Mauern schweifen. Dann beobachtet er lange einen Arbeiter auf einem hohen Gerüst, der sorgfältig einige Stahlträger am Ausleger eines Krans festzurrt. Auf die Frage, ob auch er in Zukunft die Eyyub-Sultan-Moschee besuchen werde, wenn sie fertig gebaut ist, streicht er sich kurz über seine grauen Bartstoppeln und schüttelt den Kopf. „Das ist die Moschee der Türken“, sagt der alte Mann, er aber sei Marokkaner. Mehr Fragen will er nicht beantworten. „Das ist doch alles Politik, damit möchte ich nichts zu tun haben.“ Dann steigt er auf sein Rad und fährt langsam über die Route de la Fédération an dem weißen Bauzaun entlang davon.

Natürlich gehe es ihnen nicht um Politik, würden die Verantwortlichen für den imposanten Moschee-Neubau im Süden von Straßburg widersprechen. Ziel sei es allein, den Glauben zu fördern, der alle Menschen miteinander verbinde, versichern sie bei jeder Gelegenheit. Auch ein großes Plakat an der Außenmauer des Rohbaus verkündet diese Botschaft. „Mit euren Spenden bauen wir am Zusammenleben aller“, ist dort zu lesen.

Einfluss auf die Muslime in Frankreich

Doch viele französische Politiker haben einen ganz anderen Eindruck. Sie vermuten, dass vor allem die Türkei versucht, über die Arbeit in den Moscheen Einfluss auf die Muslime in Frankreich zu nehmen. Und so ist um das Gotteshaus in Straßburg ein großer Streit entbrannt. Die Heftigkeit des Schlagabtausches hat aber nicht nur mit der enormen Größe der Moschee zu tun. 2500 Gläubige sollen eines Tages in dem 30-Millionen-Euro-Projekt ihr Gebet verrichten, nach den Worten der federführenden muslimischen Organisation Milli Görüs wird es die größte Moschee Europas. Über 30.000 türkischsprachige Einwohner gibt es in der Metropolregion um Straßburg.

Ein entscheidender Grund für den aggressiven Verlauf der Diskussion ist der Wahlkampf um das Präsidentenamt, der in Frankreich an Fahrt aufnimmt. Amtsinhaber Emmanuel Macron befindet sich im Umfragetief und versucht inzwischen ganz offen, Wählerstimmen im rechten politischen Spektrum zu sammeln. Dort punktet bisher seine größte Konkurrentin, die extrem-rechte Marine Le Pen, mit Tiraden gegen Einwanderer und anti-muslimischen Attacken.

Verteidiger der Werte der Republik

Beide sehen nun die Möglichkeit, ihr Profil als Verteidiger der Republik zu schärfen und stürzen sich auf die grüne Straßburger Bürgermeistern Jeanne Barseghian, unter deren Ägide die Stadt dem Moscheebau einen Zuschuss von 2,5 Millionen Euro genehmigen will. Marlène Schiappa, in der französischen Regierung zuständig für die Staatsbürgerschaft, schleuderte den Grünen entgegen, immer „offener mit den Ideen der radikalen Islamisten zu flirten“. Die Grünen haben wegen dieser Aussage eine Anzeige wegen Verleumdung erstattet.

Die Verantwortlichen des Moscheebaus von der Organisation Milli Görüs geben sich unschuldig und sprechen von Missverständnissen und bösen Unterstellungen von Seiten der französischen Politik. Doch auch hier ist die Sache mehr als kompliziert. In Deutschland wurde Milli Görüs wiederholt vom Verfassungsschutz beobachtet und steht unter dem Verdacht, ein antidemokratisches Staatsverständnis zu zeigen und westlichen Demokratien abzulehnen.

Wenig erstaunlich ist es, dass auf der anderen Straßenseite der Eyyub-Sultan-Moschee die Saadet Partisi ihre Parteizentrale unterhält, der politische Arm der Milli-Görüs-Bewegung. Auch in diesem Fall zweifelt der deutsche Verfassungsschutz die demokratische Treue der Organisation an, die eine islamische Ordnung anstrebe, die alle Bereiche des Lebens und der Gesellschaft umfasse.

Vorwürfe werden empört zurückgewiesen

Solche Aussagen werden von Eyüp Sahin allerdings empört zurückgewiesen. Milli Görüs sei eine „französische Vereinigung, unabhängig und an keinen Staat gebunden“, erklärte er in diesen Tagen auf einer Pressekonferenz. Und weiter „Im Gegensatz zu einigen, die mit dem Finger auf uns zeigen, sind wir keine politische Partei, wir verteidigen kein politisches Projekt.“ Alles an dem Projekt sei transparent organisiert, inklusive der Finanzierung. Diesen Versicherungen schenken in Straßburg allerdings sehr viele nicht mehr ihren Glauben. 

Fabienne Keller, konservative Bürgermeisterin von Straßburg in den Jahren 2001 bis 2008, erinnert sich daran, wie der Bau der Moscheen damals von der Stadt unterstützt wurde. „Wir wollten den Islam aus den Kellern holen“, sagt sie heute. Dort herrschten oft nicht nur unhygienische Zustände, auch waren die Vorgänge in jenen Hinterhofmoscheen kaum zu kontrollieren. Das erste große Projekt war im Jahr 2004 der Bau der Großen Moschee. Die Behörden konnten gestaltend eingreifen und die Geldflüsse für den Bau kontrollieren.

Ein Bau ohne öffentliche Subventionen

Ähnlich sollte es auch im Fall der Eyyub-Sultan-Moschee laufen, die im Jahr 2013 die Baugenehmigung erhielt und ohne öffentliche Subventionen auskommen sollte. Erste Zweifel an dem Projekt kamen auf französischer Seite bei der Grundsteinlegung im Jahr 2017. Damals tauchte plötzlich der stellvertretende türkische Ministerpräsident Bekir Bozdag auf, ein türkischer Nationalsender sendet seine lange Rede direkt in die Türkei, übersetzt wurde kein Wort. Fabienne Keller, damals Senatorin für das Département Bas-Rhin saß versteinert am Tisch der Ehrengäste und ihr dämmerte, dass diese Moschee nicht nur ein religiöses, sondern vor allem auch ein hochpolitisches Projekt sein würde.

In jenen Jahren hatten sich zudem die einst guten Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei rapide verschlechtert. Aus dem einstigen Reformer Recep Tayyip Erdogan war längst ein unberechenbarer Präsident mit despotischen Zügen geworden, dessen erklärtes Ziel es ist, den Machtbereich des Islam auszuweiten. In Frankreich wird vermutete, dass er sogar so weit gehen könnte, Einfluss auf die anstehenden Wahlen in Frankreich zu nehmen.

Eine Notbremse bei der Finanzierung

Angesichts dieser Entwicklung wurde in Straßburg eine Art Notbremse für die Genehmigung des 2,5-Millionen-Euro-Zuschusses für die Moschee eingebaut. Bürgermeisterin Barseghian verlangt von Milli Görus im Gegenzug für die benötigte Subvention nicht nur einen transparenten Finanzierungsplan, sondern auch eine schriftliche „Festlegung auf die Werte der französischen Republik“. Das genügt der Regierung in Paris allerdings nicht. Der konservative Innenminister Gérald Darmanin will den Geldfluss verhindern und hat das Verwaltungsgericht angerufen, die Rechtmäßigkeit der Subvention zu überprüfen. Damit ist der Bau der Eyyub-Sultan-Moschee neben einer Frage des Glaubens und der Politik nun auch ein Streitfall der Justiz.

Bitche ist wieder online

Die französische Gemeinde wird zum Opfer einer Verwechslung mit einem englischen Schimpfwort. Doch der Algorithmus kennt kein Erbarmen – doch er hat nicht mit einem hartnäckigen Bürgermeister gerechnet.

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Die Facebook-Seite von Bitche ist wieder zu finden.

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Ein Name wie ein Schimpfwort

Plötzlich war Bitche verschwunden. Das Social-Media-Netzwerk Facebook hatte den Account der kleinen Stadt im Département Moselle am 19. März von heute auf morgen einfach gesperrt. Jeder Franzose selbst mit rudimentären Englischkenntnissen erahnt den Grund: Für den Algorithmus von Facebook klang „Bitche“ wohl ein bisschen zu sehr nach dem englischen Schimpfwort „Bitch“ (Schlampe).

Doch der Internetgigant hatte nicht mit der Hartnäckigkeit von Benoît Kieffer gerechnet. Der Bürgermeister der französischen 5000-Seelengemeinde legte natürlich sofort Einspruch ein, musste allerdings die Erfahrung machen, dass es ziemlich kompliziert bis unmöglich ist, bei Facebook einen menschlichen Ansprechpartner zu finden. Erst nach mehrmaligen Nachhaken wurde ihm schnöde mitgeteilt, dass die Seite gegen die geltenden Nutzungsbestimmungen verstoße.

Die List des Bürgermeisters

Der Politiker konnte es nicht fassen und ließ nicht locker. Um weiter auf Facebook präsent zu sein, ersann er sogar eine List, um den gnadenlosen und offensichtlich etwas dummen Algorithmus auszutricksen. Benoît Kieffer legte ein neues Konto an mit dem nichtssagenden Namen „Mairie57230“ (Rathaus57230), der Postleitzahl von Bitche. Das braucht er nun allerdings nicht mehr. Denn seit Dienstag ist „Ville de Bitche“ wieder online.

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Einladung für Mark Zuckerberg

In einer Mitteilung auf Facebook schreibt der Bürgermeister nicht ohne Stolz, dass sich sogar Laurant Solly, der Franreich-Chef des Unternehmens, bei ihm für die Unannehmlichkeiten entschuldigt habe. Benoît Kieffer ist natürlich zufrieden, wundert sich aber, dass der Konzern fast vier Wochen benötigt hat, um den Fehler zu korrigieren und beklagte einen „Mangel an Menschlichkeit“ in den sozialen Netzwerken.

Allerdings ist der Bürgermeister kein nachtragender Mensch und lud kurzerhand Facebook-Chef Mark Zuckerberg zu einem Besuch nach Bitche ein, das für seine Zitadelle aus dem 17. Jahrhundert bekannt ist. Bei dieser Gelegenheit könnte er ihm auch die Geschichte der US-Soldaten erzählen, die das kleine Städtchen am Ende des zweiten Weltkrieges von den deutschen Truppen befreit hatten. Sie haben einen eigenen Ehrentitel: Sons of Bitche!

Die schmutzige Seite der Stadt der Liebe

Paris hat den Ruf, die schönste Stadt der Welt zu sein. Doch ist sie auch die sauberste? Unter dem Hashtag #saccageParis veröffentlichen Internetnutzer in diesen Tagen Fotos von hässlichen und verdreckten Ecken in der Stadt der Liebe und des Lichts.

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Sieht nicht wirklich appetitlich aus – das Bassin de la Villette in Paris

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Eine Oase in Paris – eine schmutzige Oase

Das alte Hafenbecken Bassin de la Villette ist eine der wohltuenden Oasen in Paris. Abseits vom Strom der Menschen in der Millionenmetropole finden dort im 19. Arrondissement die Einwohner etwas Ruhe und Erholung. Im Sommer wird sogar ein großes Schwimmbecken versenkt, in dem sich Kinder und Erwachsen in den heißen Monaten abkühlen können. Doch die städtische Idylle ist getrübt: im Hafenbecken treiben ständig Unmengen von Abfall im Wasser.

Viele Bewohner von Paris wollen nun die Verschmutzung ihrer Stadt nicht mehr hinnehmen. In den sozialen Netzwerken formiert sich eine Bewegung, die unter dem Hashtag #saccageParis (verwüstetes Paris) die dreckigen und unansehnlichen Seiten der Metropole zeigen.

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Von der Wut gepackt und dann getwittert

Anstoß für die Aktion „ParisPropre“ (Sauberes Paris) gab ein Internet-Nutzer, der unter dem Pseudonym „PanamePropre“ auf Twitter unterwegs ist. Angesichts der langsam unhaltbaren Zustände habe ihn schlicht die Wut gepackt, erklärt er gegenüber der Tageszeitung „Le Parisien“. Eine Schuldige hat er bereits ausgemacht. „Ich lebe seit zwanzig Jahren in Paris und habe gesehen, wie sich die Stadt seit der Machtübernehme von Anne Hidalgo an der Spitze des Rathauses verschlechtert hat.“ Diese Entwicklung sei schon seit einiger Zeit sichtbar, die Situation habe sich aber in den vergangenen Monaten dramatisch verschlechtert. Überall seien Graffitis an den Wänden, wilde Plakate, defekte Verkehrszeichen, kaputte Straßen. „Ich habe aufgehört, mich daran gewöhnen“, erklärt „PanamePropre“, „als mir die Ausmaße der Zerstörungen klargeworden sind.“

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Ein Aktivist ohne politischen Absichten

Er verfolge keine politischen Absichten, versichert der Internet-Aktivist, dennoch wird die Aktion nun von der politischen Konkurrenz der sozialistischen Bürgermeisterin befeuert. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Anne Hidalgo als mögliche Präsidentschaftskandidatin für das kommende Jahr in Stellung bringt. So spottete Marine Le Pen, Chefin des extrem-rechten Rassemblement National: „Die Verschlechterung unserer schönen Hauptstadt durch das Hidalgo-Team ist ein nationales Leid“. Und auch Rachida Dati, Chefin der konservativen Les Républicains in Paris und selbst mögliche Präsidentschaftskandidatin, wird nicht müde, auf die „überwältigenden Fotos“ hinzuweisen, die das Missmanagement der Sozialistin dokumentieren sollen.

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Hilfe für die bedrängte Bürgermeisterin

Aber Anne Hidalgo hat auch ihre Fans, die sich längst formiert haben. Sie posten unter dem Hashtag #saccageParis auf Twitter Fotos von schönen Ecken der Stadt und vor allem von Projekten, die unter der Bürgermeisterin in den vergangenen Jahren realisiert wurden. Viel Grün ist auf diesen Fotos zu sehen und Straßen an der Seine, die einst von Autos beherrscht wurden und auf denen nun Fußgänger in der Sonne lustwandeln. Die Bürgermeisterin selbst, die auf Twitter in der Regel sehr aktiv Werbung für ihre Auftritte macht, hat sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet. Es scheint, dass sie diesen Shitstorm schlicht aussitzen will.

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Vom Erfolg völlig überrascht

Schließlich meldet sich noch einmal „PanamePropre“ zu Wort. Er sei vom Erfolg der Aktion völlig überrascht worden, schreibt er. Die Zustände könnten schlicht nicht mehr hingenommen werden, es sei an der Zeit Stop zu sagen!

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