Die fatalen Fehler des David Cameron

David Cameron muss sich nach dem Brexit-Votum sehr viel Kritik gefallen lassen – zu Recht. Der Premier hat sein Land und die gesamte EU leichtfertig in eine sehr schwierige Lage gebracht. Der Grund ist ziemlich offensichtlich: er wollte seine eigene Macht in Großbritannien sichern.

Hier ein kurzer Überblick darüber, was ihm nicht nur seine Kritiker vorwerfen.

 

15.05.29-cameron

David Cameron ist in schwerer Bedrängnis.

 

Pausenlose Kritik an der EU

David Cameron hat sechs Jahre lang kein gutes Haar an der Europäischen Union gelassen. Mit zum Teil völlig übertriebenen Einlassungen machte er Brüssel schlecht, wo es nur ging. „Die hat Großbritannien nicht mit Regulierungen gefesselt und sie hat nicht der Staatskasse Geld entzogen“, sagt Robin Niblett von der angesehen Londoner Denkfabrik Chatham House. Die Strategie, Brüssel als Demokratie-Monster darzustellen, um selbst besser dazustehen, ging nicht auf.

Die Schuldigen sitzen immer in Brüssel

Cameron hat stets mit dem Finger in Richtung Brüssel gezeigt, wenn in Großbritannien etwas schief lief. Mehrere Westminster-Regierungen haben schwere strukturelle und strategische Fehler begangen und ihr Land verfassungsmäßig und strukturpolitisch falsch ausgerichtet. Die Schuld für die Folgen suchte Cameron in Brüssel. „Die EU für alles verantwortlich zu machen, war eine reine Verdrängungs-Strategie“, sagt Niblett.

Keine umfassende Idee von Europa

Großbritannien definiert seit Margaret Thatcher die EU als reinen Wirtschaftsclub. Der Börsianer-Sohn Cameron hat nie etwas dagegen getan. Seine Frage lautet stets: „Haben wir etwas davon?“, und er meinte damit Pfund Sterling. Die politische Dimension eines in Frieden geeinten Europas spielte für ihn nie eine Rolle. Als die EU 2012 den Friedensnobelpreis erhielt, blieb Cameron demonstrativ fern und schickte seinen damaligen Stellvertreter Nick Clegg.

Fixiert auf die Macht in London

Cameron hat als Europapolitiker den Kardinalfehler begangen, Parteiinteressen über internationale Interessen zu stellen. Um den aufmüpfigen rechten Flügel seiner Tories zu besänftigen und den EU-Gegner Nigel Farage bei Wahlen im Zaum zu halten, hat er Anti-Europa-Politik gemacht und so getan, als könnte Großbritannien über die Verbindung zum Commonwealth alte Großmacht-Fantasien neu erwecken. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz formuliert es so: Da werde „ein ganzer Kontinent in Geiselhaft genommen für die parteiinternen Überlegungen der konservativen Partei Großbritanniens“.

David Cameron, der Wendehals

Cameron dachte lange, er könnte die anderen 27 EU-Länder erpressen und mit dem Druckmittel Brexit zu Zugeständnissen zwingen – das misslang. Das mäßige Verhandlungsergebnis versuchte er dennoch als Riesenerfolg zu verkaufen und zeigte sich fortan in den Monaten vor dem Referendum als glühender EU-Verfechter. „Im Kreise unserer Freunde geht es uns besser“, heuchelte er. Dieses Wendehals-Verhalten konnte und wollte ihm kaum jemand glauben.

Der falscher Ehrgeiz Camerons

David Cameron, 2010 als einer der jüngsten Premierminister in der Geschichte Großbritanniens ins Amt gewählt, wurde von den politischen Eliten in Westminster nie so ganz ernst genommen. Er musste und wollte sich profilieren. Das tat er, indem er aufs Ganze ging, nach dem alten englischen Fußballer-Prinzip Kick and Rush. Er hatte sich vorgenommen, das Verhältnis des Landes zur EU neu zu definieren, um auch sein eigenes Image zu verbessern. Er scheiterte.

Sparen auf Kosten der kleinen Leute

Cameron hat gemeinsam mit seinem Finanzminister George Osborne mit seiner strengen Sparpolitik bewusst vor allem die kleinen Leute getroffen. Über Jahre machte er die Armen noch ärmer, nahm Leistungen aus dem Gesundheitssystem, schloss Bibliotheken und Sozialdienste, um die von der Bankenkrise ausgelösten immensen Staatsschulden zu tilgen. Damit schuf er den Boden, auf dem die Unzufriedenheit der Protestwähler wachsen konnte.

Betrug an einer ganzen Generation

Nach dem Brexit kommt die Reue. Viele Briten sind geschockt, dass ihr Land aus der EU ausscheiden wird. Vor allem die jungen Menschen sind geschockt. Doch ist ein Teil der Schuld an der Misere auch bei ihnen selbst zu suchen.

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Ein Wahllokal in Newcastle – die Wahlbeteiligung lag bei knapp über 70 Prozent.

Kluft zwischen den Generationen

Einer der Schuldigen ist gefunden: das Glastonbury Festival. Während in Großbritannien über den „Brexit“ abgestimmt wurde, tummelten sich fast 200.000 meist junge Menschen auf der legendären Konzertveranstaltung in Südwesten Englands. Ihnen war das eigene Vergnügen offensichtlich näher als die demokratische Bürgerpflicht. Jetzt ist der Katzenjammer enorm: denn für den Austritt aus der Europäischen Union stimmten vor allem die älteren Briten, die Jungen wären lieber Mitglied im Club der 28 geblieben.

Besonders deutlich lässt diese Kluft zwischen den Generationen ein Blick auf die Stimmen der 18- bis 24-Jährigen zu Tage treten. 75 Prozent dieser Altersgruppe haben für „Remaine“ gestimmt, besagt eine Analyse des Forschungsinstitutes Yougov. Zum Vergleich: bei den über 65-Jährigen ist es genau umgekehrt. Von ihnen haben sich über 60 Prozent für den „Brexit“ entschieden. Auch in der Altersgruppe darunter, den 50- bis 64-Jährigen, hat die deutliche Mehrheit gegen eine Zukunft Großbritanniens in der Union votiert. Meinungsforscher erklärten dies damit, dass die Alten ihr Land aus der guten alten Zeit zurückhaben wollen. Eine Zeit, in der das Leben noch unkompliziert und überschaubar schien.

Enttäuschung weit Wut

Bei Anne ist die Enttäuschung inzwischen der Wut gewichen. Am Tag vor der Abstimmung stand sie noch stundenlang in der Fußgängerzone von Newcastle und kämpfte mit Flugblättern gegen den „Brexit“. „Die Alten haben über unsere Zukunft abgestimmt“, ereifert sich die Studentin. „Dabei haben die meisten von ihnen doch ihr gutes Leben schon hinter sich.“ Anne, die mit einem europäischen Erasmus-Stipendium schon an der Sorbonne in Paris studiert hat, will, dass die Grenzen abgebaut und nicht neu errichtet werden. „Es ist doch ein Witz, in Zeiten der Globalisierung sich in sein kleines Schneckenhaus zurückziehen zu wollen“, argumentiert sie. Der „Brexit“ rüttelt an den Grundfesten ihrer Lebenseinstellung. „Wir sind in dem Glauben aufgewachsen, dass Großbritannien ein weltoffenes Land in einem Kontinent ohne Grenzen ist“, sagt Anne.

IMG_1690Selbst Boris Johnson, ehemaliger Bürgermeister von London und einer der führenden Figuren im „Brexit“-Lager hat diese Generationen-Schieflage erkannt. Am Tag nach der Abstimmung versuchte er, die Gemüter zu beruhigen. Die Jungen könnten nun „in eine sicherere und blühende Zukunft“ blicken, versprach er. „Die jungen Menschen könnten nun auf den Gedanken kommen, dass die Zugbrücken hochgezogen werden oder eine Zeit der Isolation beginnt“, fuhr er fort. „Aber ich bin überzeugt, dass genau das Gegenteil der Fall ist.“

Unsere Zukunft, unsere Entscheidung

Die junge Generation scheint diesen Worten aber keinen Glauben zu schenken. Viele von ihnen machen im Internet ihrem Furor Luft. Unter den Hashtags #notinourname oder #notmyvote lassen sie ihrer Fassungslosigkeit freien Lauf. Am Wochenende versammelten sich mehrere Hundert junge Menschen zum Protest vor dem Parlament in London. „Unsere Zukunft, unsere Entscheidung“ steht darauf oder: „Ich bin nicht britisch, ich bei europäisch“.

Doch nicht alle jungen Leute haben gegen „Brexit“ gestimmt. Eine junge Stewardess hat für den Austritt ihres Landes votiert – und offenbart dabei die eigene Widersprüchlichkeit. Sie ist Britin, arbeitet bei der niederländischen Fluggesellschaft KLM, ihr Vater verdient sein Geld in Sunderland bei dem internationalen Autobauer Nissan. Warum sie für den Brexit ist, kann sie nicht schlüssig erklären. Es sei mehr so ein Gefühlt, sagt die junge Frau – doch am Tag danach hat sie ein sehr reales Problem. Sie wird in britischen Pfund bezahl, ihre meisten Ausgaben hat sie jedoch in Euro. Das heißt: sie verdient nun rund 30 Prozent weniger als vor der Abstimmung. Das habe sie, gesteht die junge Frau reichlich zerknirscht, natürlich nicht gewollt.

Nachtrag:

Die Welt ist aber aber auch in diesem Fall nicht so eindeutig, wie sie anfangs scheint. Denn neue Daten zeigen auch: die jungen Leute wollen zwar in der EU bleiben, die sehr viele von ihnen haben aber nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Man möchte fast salopp sagen, sie haben sich selbst ins Knie geschossen. Das zeigt ganz deutlich die folgende Grafik:

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Selbst bei solch einem wichtigen Thema setzt sich also ein altes Phänomen fort: junge Menschen gehen weniger zur Wahl – und dieses Mal war es direkt zu ihrem Nachteil.

Einige Grafiken mehr gibt es unter diesem Link

Auf der Suche nach dem Brexit 

Die Zukunft der EU wird in England entschieden. Eine Hochburg der Brexit-Befürworter ist Newcastle. Hier die Eindrücke einer Recherche in der Stadt im Norden der Insel. 


Der Besucher wird mit britischer Zurückhaltung – unaufdringlich aber ständig – an das Referendum erinnert. Überall in Newcastle hängen diese dezenten Plakate, die Leute zur Stimmabgabe auffordern. 


Ungewollte Zusammenhänge. Am Flughafen erwartet die Ankommenden eine vielsagende Kombination von Schildern. Die sollen aber keinen Zusammenhang mit dem Brexit haben. 


Jay (oben) und Baset wollen, dass England in der EU bleibt. Der eine, weil er überzeugt ist, dass die jungen Menschen in der EU bessere Zukunftschancen haben. Der andere, weil er Angst hat, dass die Gesetzgebung in Sachen Ausländer verschärft werden könnte. Das Problem: beide dürfen nicht abstimmen. Jay ist zu jung und Baset ist Pakistani und hat keinen britischen Pass. 


Die England-Flaggen im Pound-Land sind ausverkauft. Allerdings nicht wegen der Brexit-Kampagne, sondern wegen der Fußball-EM in Frankreich. 


Mark Hudson (rechts) kämpft für den Verbleib Englands in der EU. Er arbeitet bei der Unite Trade Union und befürchtet den Verlust vieler Arbeitsplätze. Ihn ärgert, dass von den „Brexiters“ vor allem Ängste geschürt würden, die völlig unbegründet seien. Er sagt nicht, die EU ist perfekt, aber die nötigen Reformen der Union können von einem Mitglied Großbritannien gestaltet werden. Wenn sein Land draußen ist, könne die Regierung nur zusehen. 


Immer mehr Shops in der Fußgängerzone in Newcastle machen zu oder kündigen drastische Preisreduzierungen an. Das alles hat zwar nichts mit der EU zu tun, dennoch wird Brüssel auch für diese wirtschaftliche Misere verantwortlich gemacht. Der Niedergang der Stadt begann in den 80er Jahren, als der Schiffbau und der Kohlebergbau zugrunde  gingen. Davon hat sich der gesamte Norden Englands im Grunde bis heute nicht erholt. 


Am Tag des Referendums geben die Brexit-Gegner noch einmal alles. Bis zur letzten Minute wollen sie die Leute davon überzeugen, dass die Zukunft von Großbritannien in der EU liegt. Erstaunlich ist, dass in Newcastle nicht ein Brexit-Befürworter für den Austritt wirbt. 


Der Tag danach. Die Briten haben für den Btexit gestimmt – und eine große Ratlosigkeit hat sich bleischwer über die Insel gesenkt. Sogar der Himmel hier über Newcastle scheint Trauer zu tragen. Keiner weiß, was nun kommt. Die Schotten haben bereits angekündigt, ein neues Referendum abhalten zu wollen. Es droht also nicht nur das Ende der EU, sondern auch das Ende Großbritanniens. 

Tage der Entscheidung in der AfD

In Baden-Württemberg will sich die AfD als „normale“ Partei präsentieren. Da passen Holocaust-Äußerungen eines Abgeordneten vom Bodensee gar nicht ins Konzept. Für den Arzt könnte es eng werden.

Ein Kommentar:

Jörg Meuthen

Fraktionschef Meuthen greift in der eigenen Partei durch.

Meuthen zögert nur kurz

Jörg Meuthen scheint das Kräftemessen in der AfD-Fraktion zu seinen Gunsten entschieden zu haben. Zumindest die deutliche Mehrheit im Landesvorstand der Partei scheint gewillt, Wolfgang Gedeon den Laufpass zu geben. Der hat mit seinen antisemitischen Äußerungen die Fraktion – und damit auch den gesamten Landesverband der Alternative für Deutschland – in eine existenzielle Krise gebracht. Fraktionschef Meuthen hat das erkannt. Versuchte er anfangs die Vorwürfe auszusitzen, machte er sich nach kurzen Zögern überraschend schnell daran, dieses offensichtliche Problem in der eigenen Partei aus der Welt zu schaffen.

Dass er den Verbleib Gedeons in der Partei mit seinem eigenen politischen Schicksal verknüpft hat zeigt, wie hoch er die politische Sprengkraft einschätzt. Immer wieder wird die Alternative für Deutschland mit Rechtsextremismus und Antisemitismus in Verbindung gebracht, der Fall Gedeon war aus diesem Grund Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Dieselben Auseinandersetzungen muss Meuthen auch auf Bundesebene austragen. Denn auch dort herrscht ein Ringen zwischen einem national-konservativen Flügel und den völkisch-nationalen Mitgliedern. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wer die Oberhand behält – und für wen die Partei dann noch wählbar bleibt.

Cool down, Recep!

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan zerstört mit seiner irrationalen, ans Hysterische grenzende Politik das Verhältnis zu Deutschland.

Ein Kommentar:

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Erdogan reagiert überaus empfindlich.

Kopfschütteln über Erdogan

Aus der Türkei dringen wunderliche Nachrichten in die Welt. So hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Teilnahme an der Trauerfeier für Boxlegende Muhammad Ali in den USA abgesagt, weil er bei der Zeremonie keine Koranverse vortragen durfte. Kopfschütteln haben auch seine Blut-und-Boden-Reden in Richtung der türkischstämmigen deutschen Abgeordneten ausgelöst.

Diese Absonderlichkeiten könnten ignoriert werden, wären sie nicht Sinnbild für eine allgemeine  Stimmung in der Türkei. In der Politik gibt die Irrationalität den Takt vor, eine  kalkulierbare Linie ist kaum auszumachen. Selbst diplomatisch vorgetragene Kritik wird vom Präsidenten als Majestätsbeleidigung verstanden. Erdogan überschreitet eine rote Linie nach der anderen –  und ist dann empört über den erwartbaren Widerspruch. Diese hysterische Gereiztheit des Staatschefs hat sich längst  auf das Volk übertragen. Das erklärt, dass dem türkischstämmigen Grünen-Chef Cem Özdemir die Ehrenbürgerwürde des  Heimatdorfes seines Vater aberkannt worden ist, weil er die Armenien-Resolution im Bundestag vorbereitet hat. Erdogan ist dabei, das Verhältnis zu Deutschland  zu zerstören. Berlin muss der Balanceakt gelingen, den Staatschef diplomatisch in die Schranken zu weisen – ohne den politischen Flurschaden  zu vergrößern.

Ungewöhnliche Milde für Pjotr Pawlenski

Russische Richter können auch milde Urteile fällen. Diese ungewöhnliche Erfahrung darf der Performance-Künstler Pjotr Pawlenski machen. Dafür, dass er die Tür der Geheimdienstzentrale Lubjanka in Moskau in Brand gesetzt hat wird er nur mit einer Geldstrafe belegt. Möglich gewesen wären auch viele Jahre Gefängnis.

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Milde für den Vater von zwei Kindern

500.000 Rubel, umgerechnet rund 6.900 Euro, muss Pawlenski bezahlen und kam nach dem Richterspruch sofort auf freien Fuß. Mit in das Urteil eingerechnet sind allerdings die sieben Monate Untersuchungshaft, die der Künstler absitzen musste. Aber nun hatte die Richterin offensichtlich Mitleid, weil er Vater von zwei Kindern ist.

„Der Ausgang des Prozesses war eigentlich unwichtig. Wichtig ist, dass wir während des Prozesses die Realität aufdecken konnten. Wir konnten sehen, dass man die Kultur mit Methode vernichten und sich dann auf dieser Grundlage selbst zum Kulturdenkmal erklären kann.“ Das zielte auf den Geheimdienst. Das Gericht befand Pawlenski nämlich für schuldig, mit der Tür zur berüchtigten Geheimdienstzentrale Lubjanka ein Objekt des Kulturerbes zerstört zu haben. Um diese Argumentation überhaupt erst zu ermöglichen, hatte der Staatsanwalt erklärt, die Lubjanka sei deshalb ein Kulturgut, weil dort in den 1930er-Jahren bekannte Künstler festgehalten wurden.

Keine Anklage wegen Terrorismus

Pawlenski seinerseits hatte darauf bestanden, wegen Terrorismus angeklagt zu werden. Er wollte mit seiner Aktion „Bedrohung“ gegen den Terror des Geheimdienstes protestieren. Und er wollte zugleich Solidarität zeigen mit jenen, die von der russischen Justiz als angebliche Terroristen zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, wie der ukrainische Filmemacher Senzow. Das hat nun nicht funktioniert. In dieser Hinsicht hat Pawlenski seine Freiheit gewonnen und damit haben ihm die Behörden einen Strich durch seine Rechnung gemacht.

Die Fans feiern Pawlenski

Seine Fans haben ihr Idol allerdings gefeiert. Sie priesen seinen Mut und seine Furchtlosigkeit, die den Staat in die Knie gezwungen hätten. Pawlenski sei von sokratischer Furchtlosigkeit, so sagte es in der wartenden Menge vor dem Gericht der Aktionskünstler Oleg Kulik. Er lebe so frei wie der Philosoph, im Wissen, dass wir im Leben schon gestorben seien, „und siegen können in Russland ja nur die Toten“. So kann man das Urteil natürlich auch interpretieren.

Hier ein Link zur Berichterstattung über Pawlenski

Hier ein Link, wie Pawlenski die FSB-Tür angezündet hat

Bilderberg – das Mekka der Mächtigen

Die geheime Weltregierung ist wieder zusammengekommen: die Bilderberg-Konferenz. Versammlungsort ist in diesem Jahr Dresden und die Gästeliste für das 64. Treffen liest sich wie ein „Who is Who“ aus Weltpolitik, Wirtschaft und Wissenschaft und Medien.

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Lädt ein zu Demos und Spekulationen – die Bilderberg-Konferenz

Entscheidung über die Zukunft des Planeten?

Doch die Konferenz ist nicht nur das Mekka der Mächtigen, sondern auch eines der Lieblingsthemen der Verschwörungstheoretiker. Den Bilderbergern wird von nicht gerade wenigen Menschen unterstellt, dass sie die Weltherrschaft antreten wollen. Vermutet wird, dass eine Handvoll Erwählte über die weitere Zukunft des Planeten entscheiden. Befeuert werden diese Theorien von den Organisatoren des Treffens selbst.

Schon seit ihrem ersten Treffen 1954 im Bilderberg-Hotel des damaligen Prinzgemahls der niederländischen Königin wird die Konferenz nach der sogenannten „Chatham House Rule“ abgehalten. Sie gestattet Teilnehmern zwar, die erhaltenen Informationen zu verwenden. Aber weder Identität noch Zugehörigkeit der Redner oder anderer Teilnehmer dürfen preisgegeben werden. Veröffentlicht wird außer einer Teilnehmer- und einer Themenliste nichts. Das schafft Raum für Spekulationen.

Eine notorische Geheimniskrämerei

Die notorische Geheimniskrämerei um das Treffen ruft natürlich auch politische Gruppen auf den Plan. So haben von der „Roten Fahne/Antifaschistische Aktion“ bis zur rechtsextremen NPD zahlreiche Parteien, Gruppen und Einzelpersonen knapp zwei Dutzend Protestkundgebungen gegen die Dresdner Konferenz angekündigt. Auffallend: Das Engagement rechter Gruppen. Auch die AfD und Pegida rufen zu Aktionen auf. Die Bilderberg-Konferenz geht gegen ein völkisch-nationales Bild, das gerade die rechten Gruppierungen vertreten, die ja auch der US-Regierung vorwerfen, die Weltregierung übernehmen zu wollen. Die Polizei ist jedenfalls vorgewarnt und bereitet sich auf einen Großeinsatz vor. Die Stadt hat ein Versammlungsverbot rund um den Tagungsort verhängt. Für Drohnen und andere Flugobjekte wurde eine Sperrzone eingerichtet.

Auch Berlin ist bei Bilderberg

Natürlich sind unter den 130 Teilnehmern, die  auch über das Weltgeschehen und die Stärkung der transatlantischen Beziehungen beraten, auch Vertreter der Bundesregierung: Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière (alle CDU).

Unwahrscheinlich ist, dass die Geheimniskrämerei eines Tages ein Ende haben wird. „Es ist eine informelle Gruppe, die über verschiedene Themen spricht und die Diskussion hinter verschlossenen Türen führt, um die Gespräche zu erleichtern“, sagt Henri de Castries, Chef des Axa-Versicherungskonzerns und Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Bilderberger. Dass es sich bei den Konferenzteilnehmern um eine Machtelite handelt, sei nicht relevant. Und: „Warum sollten diese Menschen nicht das gleiche Recht auf Privatsphäre haben wie jeder normale Bürger?“

Bilderberg und die Chemtrails

Henri de Castries ist natürlich klar, dass mit solch nebulösen Aussagen  auch er weiter an dem Märchen von der Weltregierung strickt. Hart dementiert wird von den Bilderbergern allerdings die Theorie, dass in ihrem Namen die berüchtigten Chemtrails versprüht werden. Verschwörungstheoretiker wird das aber nicht davon abhalten, weiter daran zu glauben, dass in den Kondensstreifen der Flugzeuge am Himmel gezielt Chemikalien versprüht werden, um das Denken der unbedarften Weltbevölkerung zu beeinflussen.

Petry kritisiert Özils Mekka-Reise

Die AfD arbeitet sich an der deutschen EM-Elf ab. Seit Tagen tobt eine Deutungsschlacht über die mehr als umstrittenen Äußerungen von Alexander Gauland an Nationalspieler Jérôme Boateng. Nun hat sich AfD-Cehfin Frauke Petry zu Wort gemeldet und übt herbe Kritik an Boatengs Kollegen Mesut Özil.

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Wenig Verständnis für Özil

Stein des Anstoßes für Petry ist Özils Pilgerreise nach Mekka. Die AfD-Frontfrau hat offenbar zwar ein gewisses Verständnis, schließlich gehöre die Reise zu den religiösen Pflichten eines Muslims, doch fragt sie sich in einem Interview in der „Welt am Sonntag“, ob „man sie aller Welt präsentieren muss“.  Sie fügte hinzu: „Man könnte Özil fragen, ob er mit diesem Bekenntnis auch eine politische Aussage treffen wollte.“

Ein Foto aus Mekka

Özil hatte zuvor auf seiner Facebook-Seite ein Foto von sich in traditioneller Kleidung vor der Kaaba, dem quaderförmigen Gebäude in der Heiligen Moschee in Mekka, veröffentlicht. Dies war bereits am vergangenen Montag in Petrys Landesverband Sachsen auf heftige Kritik gestoßen. Mittelsachsens Kreisvorstand Andrea Kersten bezeichnete die Pilgerfahrt laut „WamS“ als ein „antipatriotisches Signal“. Die AfD-Vorsitzende bekräftigte gleichzeitig die Kritik ihrer Partei am Islam: Die „Grundgesetzwidrigkeit des Islam“ sei eine „Tatsache“, sagte sie.

Petry geht in dem Interview auch auf Özils Privatleben ein und unterstellt, dass der Fußballer „nicht nach den Regeln der Scharia“ lebe. „Die Frauen, mit denen er sich öffentlich zeigt, tragen jedenfalls kein Kopftuch.“

Hier geht es zur Berichterstattung in der „Welt“

Viele Fans des deutschen Fußballers sehen Özils seine Reise allerdings ganz anders als Petry. Sie finden den Post richtig und zur rechten Zeit.

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Özil ist kein Sänger

In dem Interview mit „Welt am Sonntag“ nannte es Petry zudem „schade, dass Mesut Özil als Identifikationsfigur für so viele Kinder und Jugendliche die Nationalhymne nicht mitsingt“. Das allerdings ist eine reichlich wohlfeile Kritik. Denn Özil ist jedoch nicht der einzige Nationalspieler, der auf das Singen verzichtet – auch christliche oder konfessionslose Mannschaftskollegen schweigen, während die Hymne gespielt wird. Zudem hat das Mitsingen der Hymne in der Bundesrepublik keine Tradition. Bei der Weltmeisterschaft 1974 sang beispielsweise kein deutscher Nationalspieler mit.

Mit ihren Aussagen ist Petry auf einer Linie mit ihrem Parteivize Alexander Gauland. Der hatte im Interview mit dem „Spiegel“ die Mekka-Reise Özils als „sehr gewöhnungsbedürftig für eine Partei, die den Islam nicht als Teil Deutschlands betrachtet“ bezeichnet.

 

Ernüchternder UN-Bericht zur Ukraine

Die Vereinten Nationen werfen beiden Kriegsparteien in der Ukraine vor, systematisch Gefangene zu foltern.

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Eine ernüchternde Bilanz der Vereinten Nationen

Mehrere Gefängnisse des SBU

Mit den Folterungen wollen prorussische Separatisten wie auch der Kiewer Geheimdienst Geständnisse erpressen. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) soll mehrere geheime Gefängnisse betreiben, wie aus dem Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte vom Freitag hervorgeht. Der UN-Vertreter Ivan Simonovic sagte in Kiew, in dem seit April 2014 andauernden bewaffneten Konflikt im Osten seien mehr als 9400 Menschen getötet worden. Mehr als 21 700 seien verletzt worden. Hier der Link zum Bericht der UN 

 

„A new report by the United Nations human rights office shows that, after two years of conflict, the situation in eastern Ukraine remains volatile and continues to have a severe impact on human rights, especially for those living near the contact line and in territories controlled by armed groups.“

 

Aus Protest die Ukraine verlassen

Eine UN-Menschenrechtsdelegation hatte die Ukraine Ende Mai aus Protest verlassen, weil ihr der Zugang zu Geheimdienst-Einrichtungen verwehrt wurde. Die Delegierten sammelten Berichte von Opfern auf dem Gebiet, das von Kiew beherrscht wird. Die Ex-Gefangenen warfen dem Geheimdienst vor, mit Elektroschocks, Schlägen und angedrohten Vergewaltigungen zu arbeiten. Die Vorwürfe trafen den SBU, während frühere Berichte mehr Menschenrechtsverstöße durch Freiwilligenbataillone verzeichnet hatten. Gleichzeitig listet der Bericht Fälle von Folter und Entführungen auf Separatistenseite auf. Im Gegensatz zum Regierungsgebiet seien die Grundrechte von 2,7 Millionen Menschen dort gar nicht geschützt.

Die UN schreibt zur Erklärung des Rückzuges im Mai:

 

„25 May 2016 – The United Nations Subcommittee on Prevention of Torture (SPT) has suspended its visit to Ukraine after being denied access to places in several parts of the country where it suspects people are being deprived of their liberty by the Security Service of Ukraine, the SBU.“

“This denial of access is in breach of Ukraine’s obligations as a State party to the Optional Protocol to the Convention against Torture. It has meant that we have not been able to visit some places where we have heard numerous and serious allegations that people have been detained and where torture or ill-treatment may have occurred,” said Malcolm Evans, head of the four-member delegation, in a statement issued by the UN Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR).“

Hier der Link zur Erklärung der UN