Karstadt geht – Primark kommt

Karstadt in Stuttgart ist Geschichte. Das Kaufhaus hat am 16. Mai 2016 geschlossen – früher als ursprünglich geplant. Damit ist eine Tradition an ihr Ende gekommen. Die Belegschaft sei darüber informiert gewesen, sagt Betriebsratsvorsitzende Michael Markowsky.

Über die Nutzung der Immobilie wurde lange diskutiert. Nun ist aber klar: eine Filiale der Billig-Kette Primark wird dort einziehen. Wir dokumentieren einen letzten, kurzen Rundgang durch das Gebäude, wenige Tage vor der Schließung und dokumentieren den Gang der Dinge.

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Es ist eine seltsame Atmosphäre. Schnäppchenjäger sind auf der Pirsch zwischen den Regalen. Manche von ihnen versuchen noch, den Preis weiter runterzuhandeln. Die Angestellten sind sichtbar niedergeschlagen. Eine „Anschlussverwendung“ haben die wenigsten. Was die Zukunft bringt weiß kaum jemand.Rund 200 Leute arbeiten in dem Kaufhaus und noch einmal 30 bei der Gastro-Tochter.

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Manche Stockwerke sind bereits weitgehend ausgeräumt. In anderen stapeln sich die Waren – wild durcheinander. Knallbunten Schilder hängen überall. „Alles muss raus“, heißt es darauf – das gilt auch für die Angestellten des Kaufhauses.

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Kleidungsstücke sind reduziert – erst 10 Prozent, dann 30 Prozent und inzwischen können die Kunden die Stücke mit 70 Prozent Rabatt kaufen.

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Rabatt-Schilder wohin das Auge blickt. Das regt allerdings weniger zum Kaufen an, sondern ist eher deprimierend.

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Auch viele Dekorationsgegenstände werden verkauft. Diese Puppen bilden eine seltsame Gruppe in der Ecke eines Stockwerkes.

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Jüngst wurde bekannt, dass das Karstadt-Haus nicht erst am 30. Juni, sondern voraussichtlich bereits am 16. Mai geschlossen wird. Der Termin sei von der Fillialleitung auf einer Betriebsversammlung mitgeteilt worden, heißt es.

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Eine leere Schütte in einem verwaisten Stockwerk. Einige Mitarbeiter sind seit Wochen dabei, die Regale zu demontieren.

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„Ich komme mir vor wie ein Leichenfledderer“, gesteht eine ältere Dame. Doch ihr schlechtes Gewissen hält sie nicht davon ab, mehrere Stunden die besten Angebote herauszusuchen.

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Restposten. Kosmetikartikel sind vor allem bei den jüngeren Käuferinnen sehr beliebt. Ein Mädchen erklärt aber ihren Freundinnen, dass sie neulich einen Nagellack bei einem Ein-Euro-Shop viel billiger bekommen habe. So kann man das auch sehen.

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Vielleicht passen die Regale ja in ein großes Wohnzimmer. Überraschend viele Leute interessieren sich für diese ganz besondere Ausstellungsstücke.

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Und war geschieht mit den Dingen, die nicht verkauft werden?

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Während der letzten Tage des Kaufhauses gibt es wirklich alles zu kaufen. Man fragt sich, was die Menschen damit anfangen.

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Die Signa-Holding will das 1952 erstellte Haus erheblich umbauen. In den oberen Stockwerken soll es Büros geben, den Rest sollen Einzelhändler füllen. Die irische Modekette Primark dementiert eine mögliche Anmietung nicht. Angesichts der Lage würden Händler „Schlange stehen“ um an eine Fläche zu kommen, sagt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands im Land.

Inzwischen wird auch diskutiert, welche Auswirkungen ein Mieterwechsel auf die Innenstadt haben könnte. So schreibt die Stuttgarter Zeitung, sollte Primark Karstadt-Nachfolger werden, dürften die Tage des Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz als Oase der Ruhe mitten in der Innenstadt gezählt sein. Dann verwandeln Vierzigtonner den Platz in eine Logistikstraße. Hier der Link zu dem Text in der Stuttgarter Zeitung.

Inzwischen macht die Nachricht die Runde, dass es bei Karstadt zu weniger Kündigungen kommen wird als angenommen. Hier ein Link zu einem Bericht in der Wirtschaftswoche

Hier er Link zum Text in der Stuttgarter Zeitung über die endügltige Schließung der Filiale.

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Geschlossen! Die Gitter am Karstadt-Gebäude bleiben unten.

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Nicht alle Karstadt-Filialen in Stuttgart sind geschlossen. Die profitable Sport-Abteilung in der Königstraße wird weiter geführt.

Die Sanierung des Gebäudes beginnt

Die Immobiliengesellschaft Signa lässt den ehemaligen Karstadt-Bau vollständig ausbeinen und innen wie außen neu aufbauen. Spektakulärstes Detail der Baustelle dürfte sein, dass mangels Platz der Kran nicht vor, sondern im Haus stehen muss, dort, wo bisher die Rolltreppen fuhren. Die genauen Baukosten will Signa nicht preisgeben, aber es werde eine hohe zweistellige Millionensumme investiert, heißt es von Signa.

Inzwischen verdichten sich die Gerüchte um den Zukünftigen Mieter der Räume des ehemaligen Karstadt. Es heißt, die Billig-Kette Primark werde einziehen. Das Unternehmen betreibt bereits eine große Filiale in der Shopping-Mall Milaneo am Stuttgarter Hauptbahnhof.

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Nachtrag 20.01.2016

Inzwischen gibt es neue Gerüchte über die Immobilie:

Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung hat die ehemalige Karstadt-Immobilie  den Besitzer gewechselt. In Handelskreisen heißt es, dass die österreichische Signa Holding das Karstadt-Haus an die Investmentgesellschaft Union Investment mit Hauptsitz in Frankfurt verkauft hat. Signa-Pressesprecher Robert Leingruber wollte den Verkauf auf StZ-Nachfrage weder dementieren noch bestätigen.

Hier der Link zur Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung

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Nachtrag 04.02.2016

Der Ärger der Geschäftsinhaber:

Das Karstadt-Gebäude wird umgebaut – und das sorgt auch für Ärger. Immer öfter gibt es Beschwerden der umliegenden Geschäftsinhaber – andere ziehen die Reißleine. Angesichts einer mehrjährigen Großbaustelle samt dreistöckigem Containerdorf direkt vor dem Schaufenster gibt Michael Brisky auf. Er ist der Eigentümer des „Objectz“. Mehr als zehn Jahre lang wurden in dem Laden an der Ecke Neue Brücke und Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz quietschbunte Uhren, Scherzartikel und Wohnaccessoires verkauft – Ende des Monates ist damit jedoch Schluss.

Kritik gibt es auch an der Entwicklung im Einzelhandel in der Stuttgarter Innenstadt. Generell sei die Entwicklung im Einzelhandel schwierig – speziell in Stuttgart, heißt es. „Die Zahl der Menschen, die auf der Königstraße unterwegs sind, ist nach meiner Beobachtung generell etwas zurückgegangen“, erklärt Brisky. Dann kam die Eröffnung des Milaneo. „Bei uns herrschte vier Wochen lang Leere im Laden“, erinnert er sich an den Herbst 2014. Danach habe sich die Frequenz wieder ein wenig erholt, sagt der Ladenbesitzer. Doch seit das große Einkaufszentrum am nördlichen Rand der Innenstadt eröffnet hat, habe sich die Art der Kunden in der Innenstadt verändert, berichtet der Geschäftsinhaber. „Die Leute von der Schwäbischen Alb oder aus dem Schwarzwald sind früher auf der Königstraße gebummelt und kamen auch bei uns vorbei“, sagt er, „doch die bleiben jetzt im Shoppingcenter hängen und kommen nicht mehr in die City.“

Hier der Link zur Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung


Nachtrag 01.04.2016

Primark kommt

Lange hat es sich angedeutet, Ende März wurde es dann Gewissheit: die irische Billigtextilkette Primark kommt in das ehemalige Karstadt-Haus. Das geht aus einem Bericht der „Immobilienzeitung“ hervor. Somit hat sich bestätigt, was auch im Technikausschuss des Stuttgarter Gemeinderats bereits vermutet wurde.

Das Textilkaufhaus sicherte sich knapp 8000 Quadratmeter Verkaufsfläche auf mehreren Etagen. Außerdem haben dem Bericht in der „Immobilienzeitung“ zufolge Vodafone mit 1000 Quadratmeter Mietfläche und der dm-Drogeriemarkt mit 1500 Quadratmeter Mietfläche unterschrieben. Über 3500 Quadratmeter Fläche werde noch verhandelt. Mit der Vermietung eines Großteils der Flächen ist der Verkauf der Liegenschaft durch die Signa-Gruppe an Union Investment perfekt. Wann Primark, der in Stuttgart bereits im Milaneo vertreten ist, seine zweite Filiale in Stuttgart eröffnet, ist noch unklar. Im Moment ist das ehemalige Warenhaus eine Baustelle.

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„16.04.03-primark“ Die Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung.

Auf der Königstraße 280 000 Euro Monatsmiete

Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, ist im Einkaufszentrum Milaneo (43 000 Quadratmeter Handelsfläche) Primark seit der Eröffnung im Oktober 2014 der Frequenzbringer und mit 4250 Quadratmeter ein so genannter Ankermieter. Die Fläche sei aber eher klein, sagt Center-Managerin Andrea Poul, der Trendsetter könne nicht das gesamt Sortiment anbieten. Die Frage eines Auszugs stelle sich nicht. Nicht nur, weil die Mietverträge in der Regel zehn Jahre liefen und eine Auflösung nur im Einvernehmen möglich sei. Diese Primark-Filiale sei die mit dem dritthöchsten Umsatz in Deutschland. Und das Potenzial in der Landeshauptstadt sei wohl noch größer.

„IMG_0040“ Schön verpackt – das Gebäude an der KönigsstraßeDas muss es auch sein, denn die 8110 Quadratmeter in der Königstraße, der teuersten Stuttgarter Handelslage, werden für Primark nach Ansicht von Immobilienexperten mit 35 Euro pro Quadratmeter oder 283 856 Euro Monatsmiete zu Buche schlagen. An Umsatz werden etwa 36 Millionen Euro geschätzt.
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. Beim Einzelhandelsverband wird der Schritt von Primark begrüßt. „Der Umbau des Karstadt-Hauses ist eine Gelegenheit, die nicht wieder kommt“, sagt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. Durch den neuen Anbieter, der auf eine junge Kundschaft setzt, werde die Frequenz am Standort stark zunehmen.   „IMG_0039“ Baum und Gebäude – passt irgendwie

 Hier der Link zur Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung

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Nachtrag 26.10.2017

„Eröffnung in Kürze“, prangt in großen Lettern an der Fassade ehemaligen Karstadt-Gebäudes in Stuttgart auf der Königstraße. Bald schon zieht dort mit Primark ein Textil-Discounter ein, der sein Geld vor allem mit extrem günstiger Kleidung verdient. Die erste Filiale hatte die Kette mit Sitz in Irland im Milaneo eröffnet und sorgt seitdem in Stuttgart für rege Diskussionen über Sinn und Unsinn derartiger Modehäuser.

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Noch ist zieht sich das Gerüst an der Fassade nach oben.

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Wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet, ist offiziell noch nicht bekannt, wann die Filiale ihre Türen öffnet. Sicher ist: In den kommenden Monaten. Und mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch vor Weihnachten.

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.Letzte Arbeiten an der Fassade

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Neue Geschäfte sollen Königstraße beleben

Neben Primark hat der neue Store „Saks OFF 5TH“ seine Pforten geöffnet. Die Hoffnung der Verantwortlichen ist, dass beiden Geschäfte die Königstraße wieder neu beleben, schreibt die „Stuttgarter Zeitung“. Denn nach einer aktuellen Zählung des Maklers JLL ist die Stuttgarter Königstraße in einer wichtigen Rangliste abgerutscht.

Wie der Tweet beweist, ist Primark über die Diskussionsphase bereits hinweg. Dort schon sind die Verantwortlichen bereits auf der Suche nach Personal:

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Zahl der Passanten gesunken

Wie die Zeitung weiter berichtet kommt die Zählungen unterschiedlicher Makler zu einem ernüchternden Ergebnis: Die Zahl der Passanten auf der Königstraße ist deutlich gesunken. City-Managerin Bettina Fuchs spricht jedoch von einer Momentaufnahme: „Ich lasse mir die Königstraße nicht schwarz malen, wir müssen uns weiterhin nicht verstecken.“

Aber: Schon vergangenes Jahr zeigte der Trend jäh nach unten. Die Zählung von Jones Lang Lasalle haben 2015 die Königstraße im bundesweiten Vergleich der Haupteinkaufsstraßen ein desaströses Ergebnis beschert. Die Königstraße war vom dritten auf den 16. Platz abgerutscht. In einer Zählung von BNP Paribas Real Estate landete sie sogar auf Platz 22.
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Innenstadt schwer erreichbar

Heinz Reinboth von der Interessengemeinschaft Königstraße glaubt die Gründe für den Abfall zu kennen. „Die Baustellen in der City, die den Fußverkehr behindern, sind ein großes Problem. Aber noch problematischer ist die erschwerte, allgemeine Erreichbarkeit der Innenstadt.“ Damit meint er nicht nur den Autoverkehr in der Stauhauptstadt und die Ausweitung des Parkraum-Managements, Reinboth nimmt auch die Bahn ins Visier: „Wer mit dem Zug kommt, muss weitere ­Wege gehen. Und die Unpünktlichkeit der ­S-Bahn ist ebenso ein Faktor.“


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Nachtrag: Termin der Eröffnung steht fest

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Vodafone öffnet die Pforten

So, nun ist es fast vollbracht. Mitte November hat zumindest der Vodafone-Shop in den Gebäude geöffnet.

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Kurz vor Weihnachten ist es dann soweit: Primark hat geöffnet. Doch nicht alle Leute sind mit der Präsenz des Billig-Geschäftes zufrieden. Unter den Kunden und auch den Ladeninhabern in Stuttgart gibt es Diskussionen.

Von der Eröffnung der Filiale wurde groß berichtet.

Die Stuttgarter Zeitung machte eine Umfrage, weshalb die Leute bei Primark einkaufen.
Primark konterte die negativen Berichte und Filmchen im Netz mit einer eignen „Safari“ durch das neue Gebäude. Dort wurde natürlich alles in den schönsten Farben dargestellt.

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Auch die Geschäftsleitung von Primark, namentlich Wolfgang Krogmann, warb dafür, die Eröffnung des neuen Geschäftes differenziert zu betrachten. Der günstige Preis komme über die hohen Stückzahlen und den Verzicht auf Werbung zustande. Die Filiale auf der Königstraße wird täglich mit zwei Lastwagen aus den Lagern in Mönchengladbach und Tschechien beliefert, um sie dann über 84 Kassen an den Mann oder die Frau zu bringen. Abermals betonte Krogmann, beide Standorte in der Stadt zu behalten – jene im Milaneo und die doppelt so große Filiale an der Königstraße.

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Dann gab es auch noch Streit um eine Werbung, die bei der Eröffnung am Rand der Fußgängerzone aufgestellt war.

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Der Trubel war jedenfalls ziemlich groß wegen des Billig-Ladens. Im Netz kursierte immer wieder Filme, die Menschen bei Protestaktionen zeigten.

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Eine andere Idee hatten einige Ladeninhaber am Schlossplatz. Sie stellten einen Container für Primark-Klamotten auf.

Die Idee dazu hatten die Macher von „Make The Königstraße Great Again“ (Mach die Königstraße wieder groß) vom Kaufhaus Mitte , jener Gemischtwarenladen am Schlossplatz, der mit kleinen und regionalen Labels eine Alternative zum Mainstream bieten will.

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„Wir sind vorne mit dabei“, heißt es in ihrem Facebook-Aufruf zum „Primark-Tauschmarathon“. Am Tag der Eröffnung werde man sich vor dem neuen Laden treffen, um Schnäppchen zu machen. Die sollen umgehend entsorgt werden. Vorm Königsbau wird ein Container aufgestellt, in dem man Primark-Kleider werfen kann, um damit zweifach Gutes zu tun. „Zu einem werden wir die Teile an Bedürftige weitergeben,“ versprechen die Macher des Kaufhauses Mitte, „zum anderen wird der Kaufbetrag von allen Teilen in der Tonne von uns an eine wohltätige Organisation gespendet.“

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