Als hätte es nie eine Pandemie gegeben

Die Fête de la Musique war in Frankreich die erste landesweite Veranstaltung nach dem Aufhaben der Ausgangssperren. Zwar wurden Regeln für die Konzerte erlassen, doch kaum jemand hielt sich daran.

.

Kleiner Eindruck aus dem 9. Arrondissement von Paris. Beim alljährlichen, landesweiten Musikfest wurde getanzt – und alle Regeln missachtet, die wegen der noch immer herrschenden Pandemie erlassen worden sind.

.

Als hätte es keine Pandemie gegeben

Tausende Nachtschwärmer – meist junge Leute – versammelten sich in vielen Städten Frankreich, um die Musik zu genießen und leider ignorierten sehr viele der Teilnehmer die Vorgaben der Gesundheitsbehörden. Viele schienen die Corona-Pandemie bereits abgehakt zu haben. Sogar Kultusministerin Roselyne Bachelot musste zugeben, dass es „gewisse Exzesse“ gegen habe.

In Paris strömten Tausende Menschen vor allem durch das Zentrum der Stadt. Nach Angaben des Innenministeriums waren fast 3000 Polizisten zusätzlich abgestellt – die auch immer wieder eingriffen, um Ansammlungen von mehreren hundert Menschen zu zerstreuen. Vor allem vor dem Rathaus und auf der Grünfläche vor dem Invalidendom kam es zu Räumungen.

Das alles störte die Feiernden aber nicht, sie verlegten ihre Party einfach an die Seine. Um 23 Uhr waren die Ufer voller Menschen – ohne Masken oder soziale Distanzierung. Auch in anderen Städten spielten sich ähnliche Szenen ab. Vor allem junge Menschen feierten „das Ende“ der Pandemie – oder zumindest der Ausgangsbeschränkungen.

.

.

Polizei beendet einige Partys in der Stadt

Auch im Jardin des Tuileries versammelten sich am frühen Abend mehrere Hundert Jugendliche, bevor sie von der Polizei zerstreut wurden. Anschließend zogen die Menschen zum Hôtel de Ville, dessen Platz ebenfalls geräumt wurde. Zu Ausschreitungen kam es wieder einmal am Place de la République. Tränengas wurde verschossen und Wasserwerfer aufgefahren.

Das von der Regierung geplante Gesundheitsprotokoll der Fête de la Musique verbot es, „eine Versammlung von mehr als 10 Personen im öffentlichen Raum zu veranstalten“. Das kümmerte viele Leute aber nicht, Konzerte im Freien zu veranstalten. Gestattet waren allerdings nur Indoor-Konzerte in Bars und Restaurants, je nach Platzangebot auch Konzerte im Freien – allerdings nur mit Stühlen.

.

.

Gepflegtes Ambiente bei den Macrons

Ganz gepflegt ging es bei Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu. Der hat den Elektropop-Pioneer Jean-Michel Jarre (72) zu sich eingeladen und nebenbei zum Kommandeur der Ehrenlegion gemacht. Im Ehrenhof des Élyséepalastes gaben er und andere Künstler ein Konzert. Macron hat zudem den Musiker und Komponisten Marc Cerrone (69) zum Ritter der Ehrenlegion gemacht. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung in Frankreich. Zu dem Konzert unter freiem Himmel waren laut Élyséepalast rund 300 junge Menschen eingeladen – die blieben natürlich alle schön auf ihren Stühlen sitzen.  

Politik ohne Volk

Alarmierend niedere Wahlbeteiligung in Frankreich. Bei der ersten Runde der Regionalwahlen bleiben zweidrittel der Wähler zuhause. Das bürgerliche Lager wird überraschend deutlich stärkste Kraft.

.

.

Verliererin ist die Demokratie

Die große Verliererin der Regionalwahlen in Frankreich ist die Demokratie. Zweidrittel der Franzosen sind am Tag der Abstimmung zuhause geblieben und haben ihre Stimme nicht abgegeben. Jeder einzelne Politiker müsste sich nach solch einem niederschmetternden Ergebnis die Frage stellen, mit welcher Legitimation er sich noch als Volksvertreter bezeichnen kann. Doch weit gefehlt. Bis in die Parteizentralen ist diese selbstkritische Erkenntnis noch nicht vorgedrungen. Wie nach einem völlig normalen Wahltag werden dort Erfolge gefeiert, Wunden geleckt und bereits Bündnisse für die entscheidende zweite Runde geschmiedet. Einmal mehr erhärtet sich für die Franzosen der Eindruck, dass sich der Politikapparat von den Menschen abgekoppelt hat und mit seinen komplizierten Machtspielchen längst eine Art Eigenleben führt.

Als große Siegerin der ersten Runde sieht sich die konservative Partei Les Républicains. Sie seien „mit weitem Abstand die Partei mit den meisten Stimmen“ geworden, betonte ihr Vorsitzender Christian Jacob. Die Konservativen verteidigten ihre Mehrheiten unter anderem in der Hauptstadtregion Ile de France oder auch in der Region Grand Est im Grenzgebiet zu Deutschland. Eine schwere Schlappe erlebte die Partei des Präsidenten Emmanuel Macron. La République en Marche konnte in keiner Region einen Kandidaten durchsetzen. Ein böses Erwachen gab es auch beim extrem rechten Rassemblement National (RN). Die Partei von Marine Le Pen machte sich nach Umfragen Hoffnungen auf einen Sieg in sechs der 13 Regionen, wurde aber enttäuscht: Nur in der südfranzösischen Region Provence-Alpes Côte d’Azur mit Städten wie Nizza liegt der RN knapp vor den regierenden Konservativen. Le Pen äußerte sich enttäuscht und hatte für das eigene schwache Abschneiden eine einfache Erklärung: die niedere Wahlbeteiligung.

Sind die Wähler Schuld?

Auch viele andere Politiker schieben den schwarzen Peter den Wählern zu. Diese hätten das komplizierte Abstimmungssystem nicht verstanden, seien wegen des schlechten Wetters zuhause geblieben oder seien schlicht zu wenig an Politik interessiert. Unterschlagen wird dabei aber, dass auch das Nicht-Wählen eine politische Willensäußerung ist. Es handelt sich um eine Boykottentscheidung oder zeigt ein starkes Desinteresse an der Politik, wie sie von den Partei betrieben wird.

In Frankreich hat sich zuletzt gezeigt, dass die Menschen durchaus sehr politisch denken und hohe Ansprüche an die Politik haben. Die Proteste der Gelbwesten waren anfangs sozialpolitisch motiviert, bevor sie in allwöchentlichen Krawall-Events versanken. Und auch die junge Generation beweist, dass sie in Sachen Klima bereit ist, sich für eine Sache einzusetzen. Deutlich wird allerdings, dass sich die Formen des politischen Engagements radikal verändert haben – was auch mit dem Einsatz sozialer Medien zu tun hat. Demonstrationen und Petitionen sind relativ leicht zu organisieren, es gibt Kunstaktionen oder Videos werden produziert und millionenfach geteilt. Eine Wahl ist keine Pflichtveranstaltung mehr, es gibt inzwischen viele Möglichkeiten, sich politisch auszudrücken.

Die Politik reagiert schwerfällig

Den Parteien fällt es schwer, auf diese kreative Haltung gegenüber der Politik und der Demokratie zu reagieren. Sie verharren noch immer in ihren alten Abläufen, Macht zu organisieren. Es war Emmanuel Macron, der dieses neue Anspruchsdenken der vor allem jüngeren Wähler selbst formuliert und die Möglichkeit erkannt hat, die Menschen auf allen Kanälen zu mobilisieren. Die Beteiligung bei seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2017 betrug fast 80 Prozent.

Das Erbe von Emmanuel Macron

Macrons Schicksal zeigt allerdings, dass man das man das eine tun, das andere aber nicht lassen sollte. Denn er hat damals sehr große Hoffnungen geweckt, ist dann aber als Politiker gescheitert. Ihm ist es nicht gelungen, die hohen Ansprüche zu moderieren und ins reale Leben umzusetzen. Beim notwendigen Umbau des Landes blickte er gebannt auf die Zahlen, die Menschen gerieten allzu oft zur Nebensache. Und so ließ er auf seinem atemlosen Reformkurs zu viele Franzosen erschöpft, enttäuscht und wütend am Wegesrand zurück. Er wurde zum Inbild des abgehobenen Politikers und hat damit der gesamten Demokratie einen Bärendienst erwiesen.

Bei den aktuellen Regionalwahlen und auch schon bei den Kommunalwahlen vor einigen Monaten wurde dem Präsidenten dann ein zentrales Versäumnis zum Verhängnis: er hat seine Partei nicht im Volk verankert. Die jahrelange Arbeit der etablierten Parteien bei den Menschen vor Ort hingegen hat sich in diesem Fall ausgezahlt. In der aktuellen Corona-Krise haben sich die wenigen Wähler für die Politiker entschieden, die sie seit Jahren kennen.

„La bise“ des Präsidenten Macron

Ist damit die Corona-Pandemie offiziell für beendet erklärt. Tatsächlich ist die Geste von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ein deutliches Zeichen, dass die Franzosen sich entspannen können – aber dennoch vorsichtig sein müssen.

.

.

La bise des Präsidenten

Der Präsident hat bei einer Feier zwei Weltkriegsveteranen auf die Wangen geküsst. Anlass war die öffentliche Auszeichnung mit der Ehrenlegion. Der 43-Jährige trug dabei einen Mund-Nasen-Schutz. Macron kehrte mit „la bise“ („Kuss“) zu einer in Frankreich üblichen herzlichen Begrüßung zurück, vor der wegen der Corona-Pandemie allerdings lange gewarnt wurde. Die Regierung lockerte wegen einer verbesserten Pandemie-Lage die Regeln, am Wochenende wird die nächtliche Ausgangssperre fallen.

Macron erinnerte mit der Feier in der Gedenkstätte Mont-Valérien bei Paris an dem legendären Aufruf von General Charles de Gaulle während des Zweiten Weltkrieges. Der spätere Staatschef hatte am 18. Juni 1940 von London aus seine Landsleute aufgerufen, den Kampf gegen Nazi-Deutschland fortzusetzen.

Gute Reise, kleine Freiheitsstatue

Frankreich schickt eine kleine Schwester der Freiheitsstatue als Leihgabe in die USA. Die fast drei Meter hohe Bronzestatue soll in die US-Hauptstadt Washington gebracht und im Garten der Residenz des französischen Botschafters aufgestellt werden.

.

.

Ein Zeichen der Freundschaft

Die viele Tausend Kilometer lange Reise über den Atlantik begann am Montag – die Statue steht eigentlich vor dem Museum für Kunst und Handwerk in Paris. Der Pariser Stadtteilbürgermeister Ariel Weil wünschte der Statue eine gute Reise und schrieb auf Twitter von einem „erneuten Zeichen der Freundschaft“ mit den USA.

Das Original der Freiheitsstatue steht im Hafen von New York auf Ellis Island und gilt als Symbol der Freiheit. Der französische Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi entwarf die Frauengestalt, die auch die Handschrift des Ingenieurs Gustave Eiffel trägt, der wenige Jahre später seinen weltberühmten Pariser Turm baute. Frankreich schenkte den USA die Statue 1876 zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeit von Großbritannien.

Mit dem Schiff über den großen Teich

In Paris gibt es noch weitere Miniversionen der berühmten Statue – etwa auf der Seine-Insel Île aux Cygnes. Die kleine Schwester soll nun zum amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli auf Ellis Island ausgestellt werden. Danach soll es weiter nach Washington gehen. „Die große Schwester war mit der Bahn nach Rouen gefahren“, sagte Olivier Faron, Generaldirektor der Hochschule Conservatoire National des Arts et Métiers, dem Sender Franceinfo. Die kleine Schwester werde nun zunächst mit einem Lkw in die Hafenstadt Le Havre gebracht und dann mit dem Schiff übersetzen.

Frankreich erleichtert die Einreise

Die Reisen nach Frankreich werden wieder einfacher. EU-Bürger, die vollständig geimpft sind, müssen ab dem 9. Juni keinen negativen Corona-Test mehr vorweisen. Für alle anderen reicht dann ein höchstens 72 Stunden alter Antigen-Schnelltest statt des bisher vorgeschriebenen PCR-Tests.

.

.

Grüne und rote Länder

Als vollständig geimpft gelten alle, die mindestens zwei Wochen vor der Einreise ihre zweite Impfdosis erhalten haben. Bei dem Vakzin von Johnson & Johnson gilt eine Wartezeit von vier Wochen. Die Erleichterungen gelten für alle Bürger aus „grün“ eingestuften Ländern. Dazu gehören alle EU-Staaten sowie einige Drittländer wie Australien, Südkorea oder Japan.

Die Einreiseerleichterungen fallen mit neuen Lockerungen zusammen. Ab Mittwoch öffnen in Frankreich auch die Innenräume von Cafés und Restaurants, die nächtliche Ausgangssperre beginnt erst um 23 Uhr statt bisher um 21 Uhr. Für Einreisende aus „orangenen“ Länder wie Großbritannien oder den USA ist in Frankreich weiterhin ein negativer Corona-Test Pflicht – selbst wenn sie eine vollständige Impfung nachweisen können. Nicht Geimpfte aus diesen Ländern müssen zudem einen zwingenden Grund zur Einreise nach Frankreich nachweisen und sich sieben Tage lang isolieren. Reisende aus „rot“ eingestuften Ländern wie Brasilien, Südafrika oder Indien können ebenfalls nur aus zwingenden Gründen nach Frankreich einreisen, wie etwa beruflichen oder familiären Motiven. Sie müssen ebenfalls negativ getestet sein und sich bis zu zehn Tage isolieren.