In Paris kämpfen die Bistros ums Überleben

Die legendären französischen Cafés haben bereits schwere Monate hinter sich, nun droht vielen in der Corona-Krise das Aus.

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Das ist keine Kunst – das Bistro in Paris ist wegen Corona geschlossen

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Gestapelte Stühle hinter verschlossenen Türen

Es ist ein trauriger Anblick. Auf dem Place Saint-Piere am Fuß des Montmartre in Paris, wo an schönen Tagen fast rund um die Uhr das Leben pulsiert, ist keine Menschenseele zu sehen. Im Café „Le Ronsard“ sollten eigentlich entspannte Besucher in der milden Frühlingssonne schon am frühen Morgen ein Frühstück mit Blick auf die malerische Kirche Sacré-Coeur genießen – doch das sind Erinnerungen aus Vor-Corona-Zeiten. Die Realität sieht anders aus, an allen Geschäften rund um den Platz sind die schweren Eisengitter heruntergelassen. Die Terrassen sind leer, hinter den großen Glasfenstern der Bistros stapeln sich die Stühle.

Der Tag, an dem die Katastrophe begann, ist genau zu datieren: es ist der 14. März. Damals verkündete Frankreich Regierung im Kampf gegen die Pandemie eine rigide Ausgangssperre, alle gastronomischen Betriebe mussten von einem Tag auf den anderen schließen. „Von den weit über 200.000 Bistros und Restaurant im Land sind 95 Prozent zu“, klagt Roland Héguy, Präsident des französischen Hotel- und Gaststättenverbandes UMIH. „Rund fünf Prozent haben noch geöffnet und versuchen sich mit einem Lieferservice über Wasser zu halten – aber die machen meist auch nur zehn Prozent des normalen Umsatzes.“
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Kein Datum für die Öffnung der Bistros

Viele Bistro-Betreiber befürchten inzwischen, nicht wieder auf die Beine zu kommen. Der Grund: es ist nicht abzusehen, wann sie ihre Lokale wieder öffnen können. Zwar sollen in Frankreich die Ausgangssperren ab dem 11. Mai wieder gelockert werden, das gilt aber nicht für das Gastgewerbe. „Man hat uns jegliche Hoffnung geraubt“, sagt Roland Héguy, räumt aber im selben Atemzug ein, dass es schwierig ist, Regelungen für ein Gewerbe zu finden, das vom Kontakt zu Menschen lebt.

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Die Wirte hoffen, dass sie bald ein Datum bekommen, wann sie die Bistros wieder öffnen können

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Vor allem die Bistros in Paris ist es nicht der erste Rückschlag, sie arbeiten seit weit über einem Jahr im Krisenmodus. „Uns hat es besonders schwer getroffen“, erzählte ein Kellner im Bistro „L’Esmeralda“ schon Anfang März, kurz vor dem völligen Corona-Shutdown und ahnte damals wohl, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein könnte. Viele Bistros in der Hauptstadt hätten schon unter den monatelangen Protesten der Gelbwesten schwer gelitten, als Paris an manchen Tagen wegen der vielen Krawallmacher unter den Demonstranten bisweilen einer belagerten Stadt glich. „Angesichts der Bilder von brennenden Barrikaden und Straßenkämpfen haben sich viele Touristen nicht mehr nach Paris getraut“, sagte der Kellner.

In Paris ist die Situation besonders schwer

Der zweite schwere Schlag für das „L’Esmeralda“, das am Quai aux Fleurs unmittelbar neben der Kathedrale Notre-Dame liegt, kam am 15. April. In jener Nacht wurde die Kirche durch ein verheerendes Feuer beinahe zerstört. Schon nach wenigen Tagen konnte das Bistro wieder öffnen, doch die Gäste blickten danach von der Terrasse nicht mehr auf das gotische Wunderwerk, sondern auf einen hässlichen Metallzaun, hinter dem gerade noch die Turmspitzen der Kirche zu sehen sind. Die Proteste gegen die umstrittene Rentenrefom der Regierung im vergangenen Winter, die den Umsatz weiter in den Keller getrieben haben, vergisst der Kellner fast zu erwähnen. Damals kamen schon weniger Touristen aus China – auch das ein erstes Anzeichen der sich ausbreitenden Corona-Pandemie, die Frankreich mit ganzer Wucht getroffen hat. Das Land zählt neben Italien und Spanien zu den am schwersten betroffenen Ländern in Europa.

Die Besitzer rufen den Staat um Hilfe

Viele der kleine Bistro-Besitzer rufen nun den Staat um Hilfe. Die Regierung hat angekündigt, fällige Gebühren, Steuern und Sozialabgaben in Höhe von fast 750 Millionen Euro zu streichen. Roland Héguy ist das aber zu wenige und er fordert einen Solidaritätsfonds, der den Betreibern zum Beispiel bei Mietzahlungen unter die Armen greift. „Wenn nicht schnell Maßnahmen ergriffen werden, werden bis zu 50.000 Bistros pleitegehen“, prophezeit der UMIH-Präsident.

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Die Wirte sind zum Überleben aus staatliche Hilfe angewiesen

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Die Bistro-Besitzer versuchen sich allerdings auch selbst zu helfen. So wurden in diesen Tagen in Zusammenarbeit mit großen Unternehmen wie Pernod Ricard, Heineken, Kronenbourg oder Lavazza die Internetseiten „J’aime mon bistrot“ und „Bar solidaire“ freigeschaltet. Dort kann man bei seinem Lieblingsbistro Gutscheine für Getränke oder Essen kaufen und diese dann nach dem Ende der Ausgangssperre einlösen. Die beteiligten Großunternehmen steuern zu dem Verkaufswert noch einmal 50 Prozent hinzu. Wenn also jemand für 10 Euro Wein kauft, erhält der Wirt 15 Euro. In Frankreich seien die Bistros ein unverzichtbares Kulturgut, schreiben die Macher von „J’aime mon bistrot“, dieser Teil der Heimat müsse erhalten werden.

Kleine Ergänzung!

Oder man macht es wie in Amsterdam!

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Mit der Angel auf Baguette-Fang

Es gibt nichts Besseres als frische Croissants oder ein warmes Baguette. Wegen der  Sperrung der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich ist allerdings Einfallsreichtum gefragt, möchte man an die Delikatessen gelangen. 

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Ein ganz besonderer Lieferservice

Am Übergang zwischen Lauterbach und Carling kam die ortsansäßige Bäckerei auf die Idee, einen Lieferservice einzurichten. Die deutschen Kunden geben ihre Bestellung telefonisch ab – und die Bäckerin bringt Brot und Croissants an die geschlossene Grenze. In Nicht-Corona-Zeiten kauften viele Lauterbacher in der französischen Bäckerei in Carling wenige Meter hinter der Grenze ein, doch seit einigen Wochen ist damit Schluss – zumindest vorübergehend.

Mit der Angel auf Baguette-Fang

Auf eine besondere Idee kam der Saarländer Hartmut Fey. Der 68-Jährige kauft derzeit per Angel über den gesperrten Grenzübergang zwischen Lauterbach und Carling in Frankreich ein. Eine Verkäuferin der französischen Bäckerei hängt ihm die Backwaren in einer Tragetasche an die Angelrute – er hebt sie über die Absperrung.
„Es tut uns hier allen weh, dass unser kleiner Grenzübergang nicht mehr gegenseitig benutzt werden darf“, sagte Fey. „Wir hoffen, dass die Grenze bald wieder geöffnet wird.“ Seit Mitte März sind wegen der Corona-Krise etliche kleine Übergänge zwischen dem Saarland und Frankreich gesperrt. Der Einreiseverkehr nach Deutschland wird an mehrere überwachte Übergänge gelenkt.

Deutschland bietet Hilfe beim Aufbau von Notre-Dame

Ein Jahr nach dem Brand von Notre-Dame: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält trotz vieler Probleme am Plan fest, die beschädigte Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen

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Am 15. April 2019 brannte die Kathedrale von Notre-Dame. Ein Jahr danach ist es noch immer ungewiss, ob das Gebäude tatsächlich gerettet werden kann.

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Macron gibt sich opitimistisch

Emmanuel Macron gibt nicht auf. Am ersten Jahrestag des Brandes von Notre-Dame wiederholte der französische Präsident, dass die schwer beschädigte Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werde. „Wir werden alles tun, was wir können, um diese Frist einzuhalten“, sagte er am Mittwoch in einer Videobotschaft auf Twitter. Schon in der Nacht der Katastrophe hatte er diesen Zeitraum genannt, der allerdings von vielen Fachleuten als utopisch eingeschätzt wird. Deutschland versicherte zum Jahrestag erneut Unterstützung bei der Restaurierung des Gotteshauses.

Das Dach von Notre-Dame war vor einem Jahr in Flammen aufgegangen, weite Teile des Deckengewölbes waren eingestürzt. Die Arbeiten an dem schwer beschädigten Bauwerk gestalten sich schwieriger als erwartet. Noch immer sind die Fachleute dabei, die Schäden am Mauerwerk zu sichten und den Bau abzusichern. Seit Wochen liegt die Baustelle wegen der Corona-Pandemie still.

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Deutschland will bei dem Wiederaufbau helfen

In dieser schweren Zeit wollen die Verantwortlichen in Deutschland ein Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft setzten. „Deutschland ist es ein Herzensanliegen, bei dieser gewaltigen Aufgabe weiter an der Seite Frankreichs zu stehen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer (alle CDU). Konkret wird die Mitarbeit der Kölner Dombauhütte genannt. Die dortigen Glaswerkstätten könnten die französischen Kollegen insbesondere bei den Arbeiten an den Obergadenfenstern unterstützen, die sich über den Seitenschiffen der Kathedrale befinden.

Die Dombauhütten in Köln bieten Hilfe an

Nach Angaben der Verantwortlichen würden sich in den kommenden Monaten Art und Umfang der Zusammenarbeit genauer bestimmen lassen. In Deutschland gebe es drei an Dombauhütten angeschlossene Glasrestaurierungswerkstätten, die auf diesem Gebiet eine große Expertise hätten und die Arbeiten übernehmen könnten. Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte bereits angeboten, dass die Kosten hierfür von Deutschland übernommen werden könnten. Der französische Minister für Kultur, Franck Riester, bedankte sich für das „starke Symbol der Solidarität“.

Zum Jahrestag gibt es wegen des Coronavirus keine größeren Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Brand. Am Karfreitag hatte unter größten Sicherheitsvorkehrungen ein kleiner Gottesdienst mit dem Pariser Erzbischof Michel Aupetit stattgefunden.

Die Tour de France wird verschoben – das ist zu wenig

Die Macher der Rundfahrt denken nur an ihre eigenen Interessen und ignorieren die Gefahren der Corona-Pandemie – ein Kommentar:

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Zur Vernunft gedrängt

Nun haben auch die Verantwortlichen der Tour de France ein Einsehen gezeigt – zumindest ein bisschen. Die legendäre Frankreich-Rundfahrt wird wegen der Corona-Krise nicht abgesagt, aber um rund zwei Monate verschoben. Von alleine kamen die Tour-Macher aber nicht auf die Idee. Der französische Präsident Emmanuel Macron musste eine gewisse Entscheidungshilfe leisten, denn er hat alle Großveranstaltungen bis Mitte Juli verboten.

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Schwerer Schlag für die Teams

Natürlich gibt es gute Gründe, die Tour gegen viele Widerstände starten zu lassen. Für die Fahrer ist es der Höhepunkt des Sportjahres, für die Fans ein wunderbares Spektakel und die Teams generieren den Großteil ihrer Werbeeinnahmen während der drei Tour-Wochen. Ohne die Frankreich-Rundfahrt stünden einige Mannschaften vor dem Aus. Doch das rechtfertigt nicht die Gefahren, die im Moment mit einem möglichen Start einhergehen.

Unverständliches Zögern

Das Zögern der Tour-Verantwortlichen ist aus diesem Grund völlig unverständlich und erinnert an die Zeit, als der Radsport durch mehrere Doping-Skandale erschüttert wurde. Selbst als die Beweise damals bereits erdrückend waren, versuchten viele, die Realität auszublenden am alten Trott festzuhalten. Der ganze Tross schien in einem hermetisch abgeriegelten Radkosmos und nach eigenen Regeln zu leben.

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Eine Atmosphäre der Ignoranz

An diesem Zustand scheint sich wenig geändert zu haben. Nur in einer Atmosphäre der Ignoranz kann man nun an der Vorstellung festhalten, in Zeiten einer lebensbedrohlichen Pandemie einen Tross von vielen Hundert Menschen einmal quer durch Frankreich jagen zu dürfen. Ähnlich weltfremd ist die Idee, die Tour ohne Zuschauer stattfinden zu lassen. Allein der Gedanke, die Fans auf einer Länge von weit über 3000 Kilometern von der Strecke wegzusperren, ist reichlich abstrus.

Sportlichen Mega-Ereignisse wie die Olympischen Spiele oder die Fußball-EM werden in diesem Jahr nicht stattfinden. Das waren sehr schmerzliche, aber auch klare und notwendige Entscheidungen. Die Verantwortlichen der Tour de France sollten sich ein Beispiel daran nehmen.

Die überraschende Wandlung des Emmanuel Macron

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie bringt in Frankreich Präsident und Volk zueinander. Eine Analyse:

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Macron hat seine Lektionen gelernt

Das Coronavirus lehrt die Menschen Demut. Auch Emmanuel Macron scheint seine Lektion gelernt zu haben. Der sehr selbstbewusste französische Staatschef gibt sich plötzlich ungewohnt zurückhaltend. Redete er vor einigen Tagen noch von einem Krieg gegen das Virus, ist von dieser martialischen Rhetorik kaum mehr etwas übrig. Er gibt sogar Fehler zu. Frankreich sei nicht gut genug auf die Pandemie vorbereitet gewesen, räumte Macron in seiner Rede an die Nation am Montag ein. Die vom Staatschef aufgezählten fehlende Schutzanzüge, Handschuhe, Desinfektionsmittel und Masken sind allerdings nur eine Seite des Mangels. Das andere, wesentlich größere Problem ist das Gesundheitssystem selbst.

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Applaus für die Helfer – genügt das?

Vor der Ansprache des Präsidenten applaudierten viele Franzosen auf ihren Balkonen zwei Minuten lang den Pflegern und Ärzten in Krankenhäusern und Altenheimen, um sich für ihren Einsatz im Kampf gegen die Pandemie zu bedanken. Natürlich hob auch Macron überschwänglich die Arbeit der Helden dieser schweren Wochen hervor. Vielen von ihnen müssen diese Lobeshymnen allerdings wie Hohn in den Ohren klingen. Es ist nur wenige Monate her, da wurden manche Protestzüge des Pflegepersonals, das auf die unhaltbaren Arbeitsbedingungen in den Kliniken aufmerksam machen wollte, von der Polizei mit Tränengas brutal auseinander getrieben.

Die Franzosen misstrauen ihm Präsidenten

Die Franzosen haben diese niederschmetternden Bilder nicht vergessen, weshalb sie auch jetzt Zweifel an der Aufrichtigkeit des Präsidenten hegen. Nur knapp über ein Drittel der Menschen in Frankreich vertraut laut einer Umfrage der eigenen Regierung im Kampf gegen das Coronavirus. Die tiefe Kluft, die sich zwischen dem Staatschef und seinem Volk seit Monaten auftut, wird auch während dieser Pandemie zum Problem. Das erklärt den Schwenk in der Rhetorik des Staatschefs. Er gibt nun nicht mehr den Feldherren, der sich ausschließlich am Machbaren orientiert, im Krieg gegen einen übermächtigen Feind seine einfachen Soldaten anfeuert und das Volk zu ständig neuen Opfern aufruft.

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Macron appelliert an die Menschlichkeit

Der als kalter Macher verschriene Emmanuel Macron will beweisen, dass auch er in diesen Tagen erkannt hat, dass sich hinter Zahlen und Statistiken immer Menschen verbergen. Ganz zu Beginn seiner Rede erwähnte er deshalb ausdrücklich die großen Sorgen der Familien, die wegen der Ausgangssperre im ganzen Land seit Wochen eingepfercht in lächerlich kleinen Wohnungen leben müssen. Die Aufforderung, sich trotz aller Probleme an die Ausgangssperre zu halten, formuliert der Präsident inzwischen eher als dringende Bitte und nicht mehr als drohenden Befehl.

Das ist eine überraschende Wendung, denn Macron setzte seine politischen und wirtschaftlichen Ziele in der Vergangenheit bei Widerständen gerne mit der Brechstange durch. Im Fall der Proteste der Gelbwesten und auch der von ihm geplanten Rentenreform führte das zur tiefen Spaltung der Gesellschaft und der Vertrauenskrise in die Regierung.

Macron – ein Jünger der Marktwirtschaft

Doch der Lernprozess scheint für Macron noch viel weiter zu gehen. Für den Jünger der Marktwirtschaft und Anhänger der Globalisierung war es ein Schock, dass Frankreich nicht in der Lage war, zu Beginn der Katastrophe genügend einfache Schutzmasken zu produzieren. Wie in allen europäischen Ländern waren die Kapazitäten aus Gründen der Rentabilität nach Asien ausgelagert worden. Es gehe nach dieser Krise auch darum, Ideologien hinter sich zulassen, sich neu zu erfinden, so die neue Überzeugung des Staatschefs. Er selbst sei der Erste, der in der Post-Corona-Zeit alte Glaubenssätze über Bord werfen werde.

Das sind ganz neue Töne aus dem Élysée-Palast. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob Emmanuel Macron die Entwicklung tatsächlich gelingt: vom verspotteten „Präsident der Super-Reichen“ zum Präsident aller Franzosen.

Weniger Unfälle in Frankreich wegen Corona

So schlimm es ist – aber die Coronapandemie hat auch positive Seiten. Zum Beispiel auf den Straßenverkehr. Die Zahl der Verkehrsunfälle ist seit Beginn der strengen Ausgangsbeschränkungen im Kampf gegen Covid-19 deutlich gesunken.

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Fast 40 Prozent weniger Unfälle

Im März gab es im Vergleich zum Vorjahr fast 40 Prozent weniger Verkehrstote im Land, teilte die französische Regierung am Samstag mit. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ging um gut 43 Prozent zurück, die Zahl der Verletzten um 44 Prozent. Der Rückgang der im März 2020 verzeichneten Verkehrstoten stehe im Zusammenhang mit der Einführung der Ausgangsbeschränkungen ab dem 17. März, welche die Zahl der Fahrten stark reduziert habe, hieß es.

Allerdings habe die Polizei gleichzeitig „eine besorgniserregende Zahl schwerer Geschwindigkeitsübertretungen“ festgestellt. „Unverantwortliches Verhalten im Straßenverkehr ist in diesen Zeiten genauso gefährlich wie in normalen Zeiten“, warnte die Behörde für Verkehrssicherheit.

In Frankreich dürfen die Menschen seit Mitte März wegen des Coronavirus nur vor die Tür, wenn es unbedingt nötig ist. Spaziergänge sind nur eine Stunde am Tag und im Radius von einem Kilometer zur Wohnung erlaubt. Auch über die Osterfeiertage sind Reisen verboten.

Einmal niesen: 68 Euro Strafe!

Die Meinungen, wie das Coronavirus zu bekämpfen ist, gehen sehr weit auseinander. Dem Bürgermeister von Marcq-en-Baroeul gehen die Auflagen in der Corona-Krise nicht weit genug.

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Wer nicht zahl, muss noch mehr berappen

Bernard Gérard, Stadtoberhaupt der Kleinstadt in der Nähe der belgischen Grenze, hat Spucken, ungeschütztes Niesen und „jedes Absondern von Speichel“ mit einem Bußgeld von 68 Euro belegt. Auch das öffentliche Liegenlassen von Taschentüchern, Schutzmasken und Einmal-Handschuhen ist ab sofort untersagt. Wer zu spät zahlt, dem droht ein erhöhtes Bußgeld von 180 Euro.

Gérard nannte seinen Erlass einen „Aufruf zur Mobilisierung der Bürger“. In seiner Gemeinde gebe es wie in ganz Frankreich „immer mehr liegen gelassene Masken und Handschuhe, vor allem im Umkreis von Supermärkten“, sagte der Bürgermeister. Es sei „unverantwortlich“, der Stadtreinigung das Wegräumen des „womöglich verseuchten“ Materials zu überlassen.

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Auch Paris legt nach beim Strafenkatalog

Auch in Paris sind die ohnehin strengen Ausgangsbeschränkungen noch einmal verstärkt worden. Verboten ist nun Sport an der frischen Luft zwischen 10 und 19 Uhr. Die neue Regelung gelte ab Mittwoch, teilten Bürgermeisterin Anne Hidalgo und die Polizeipräfektur am Dienstag mit. Sport sei weiterhin zwischen 19 Uhr und 10 Uhr erlaubt, heißt es von Seiten der Bürgermeisterin Anne Hidalgo und der Polizeipräfektur, wenn der Andrang auf den Straßen am geringsten sei.

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Paris hatte bereits vor drei Wochen alle Parks und Grünflächen geschlossen und Sportlerinnen und Sportler so auf die Fußgängerwege gedrängt. Außerdem sind Spaziergänge und Sport im ganzen Land auch nur noch im Radius von einem Kilometer zur Wohnung und eine Stunde am Tag erlaubt.

Der Siegeszug des Meters als Längenmaß

Vor 225 Jahren wurden in Frankreich die Längenmaße vereinheitlicht. Es war eines der sinnvollen Ergebnisse der Französischen Revolution. 

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Reichlich unspektakulär – der Urmeter in Paris

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Paris ist überreich gesegnet mit Sehenswürdigkeiten. Vielleicht schlendern deshalb die meisten Touristen achtlos an der Stelle gegenüber dem Senat in der Rue de Vaugirard vorbei. Dabei gibt es dort wahrlich Historisches zu sehen. Eingelassen in eine Hauswand in einem Arkadengang ist der „Mètre étalon“ zu bewundern, ein Urmeter. Vor genau 225 Jahren, am 7. April 1795, wurde in Frankreich ein Gesetz erlassen, das den Meter als neue Maßeinheit festlegte. Diese neue Regelung war eine Folge der Französischen Revolution von 1789. Die kostete bekanntlich vielen Adligen ihre Privilegien und bisweilen auch den Kopf, es wurden aber auch noch einige andere wichtige Dinge in die Wege geleitet, die bis heute das Leben der Bürger bestimmen: unter anderem die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten im Land.

Viele der in Frankreich benutzten Einheiten stammten bis dato von römischen Längenmaßen ab. Das Problem: die wurden im Laufe der Jahrhunderte immer weiter abgewandelt oder durch andere Einheiten ergänzt. Dies führte schließlich zu einem ziemlich großen Durcheinander und erschwerten den sich ausweitenden Handel zwischen den Städten, da sich die gebräuchlichen Einheiten in der Regel voneinander unterschieden. So maß die im ganzen Land gebräuchliche Einheit „lieue“ in Beauce 3,268 Kilometer, in der Provence aber 5,849 Kilometer. Besonders schwierig wurde es, wenn die Längeneinheiten sogar zwischen den einzelnen Gewerben in einer Stadt voneinander abwichen.

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Den neuen Herren in Paris stellte sich nach ihrer grundlegenden Reform dann allerdings eine entscheidende Frage: wie sollten sie diese Neuerung unters einfache Volk bringen? Sie entschieden sich dafür, in der gesamten Metropole an 16 belebten Orten Metermaße anzubringen, an denen sich die Menschen in Zukunft orientierten konnten. Unterteilt waren diese Standardmeter in Dezimeter und der letzte Dezimeter war noch einmal in Zentimeter geteilt. Zwei dieser Metermaße sind noch heute in Paris zu sehen, jener in der Rue de Vaugirard, der andere am Place Vendome.

Überlieferungen zufolge verkauften aber etwa Schneider ihre Stoffe noch lange in den für sie geläufigen Längenmaßen Aune (Elle), Pied (Fuß) oder Pouce (Daumen). Dieses Problem erkannte auch Napoleon, der viele Errungenschaften der Revolution wieder rückgängig machte, aber die Vorteile des landesweiten metrischen Systems erkannte. Um die Akzeptanz im Volk zu erhöhen, erlaubte er in einem Dekret auch die Benutzung alter Namen mit metrischen Werten in derselben Größenordnung. So wurde schließlich im Jahr 1812 die Länge einer Pariser Elle auf 120 Zentimeter festgelegt. Den Franzosen jener Zeit schien das Umrechnen anfangs offensichtlich genauso schwer zu fallen wie vielen Deutschen fast 200 Jahre später die Umstellung der alten D-Mark auf den neuen Euro.

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Der Siegeszug des Meters als Maßeinheit setzte sich dann im Jahr 1875 fort. Damals unterzeichneten 17 Länder einen Staatsvertrag, die sogenannte Meterkonvention, darunter war auch Deutschland. Dieser wichtige Schritt war unter anderem eine Folge des stark zunehmenden Handels zwischen den Staaten Europas. Nur Großbritannien stemmte sich unbeirrt und überzeugt von der eigenen Größe gegen das neue System. Doch der Fortschritt ging über dieses störrische Festhalten der Briten an ihrer Tradition einfach hinweg. Der Meter ist inzwischen in den meisten Ländern der Welt verbindliches Längenmaß. Die Definition des Meters veränderte sich allerdings im Laufe der Zeit, was aber keinen Einfluss auf dessen Länge hatte. Früher war es der zehnmillionste Teil der Entfernung vom Nordpol über Paris zum Äquator. Seit 1983 gilt eine Definition, die auf der Lichtgeschwindigkeit beruht.

Allerdings hat sich die Bezeichnung Meter auch in Deutschland in manchen Bereichen nicht durchgesetzt. Noch heute werden große Flächen vor allen in der Landwirtschaft in Ar und Hektar ausgezeichnet – gemessen wir aber natürlich in Quadratmetern.

Ungewöhnliche Corona-Karriere einer Tauchermaske

Auf der Suche nach Beatmungsgeräten hatte ein Arzt aus Italien eine ungewöhnliche Idee. Fündig wird er in der Freizeitabteilung des Sportartikelherstellers Decathlon.

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Am Anfang steht ein genialer Gedanke

Am Anfang mancher Erfolgsgeschichten steht ein genial einfacher Gedanke. Eine einfache Tauchermaske als Virenschutz? Wieso nicht! Diesen Einfall hatte Renato Favero als er die Maske Easybreath in den Händen hielt. Der Arzt im Krankenhaus in der kleinen norditalienischen Gemeinde Gardone Val Trompia war angesichts der Corona-Pandemie verzweifelt auf der Suche nach Beatmungsgeräten – und wurde in der Freizeitabteilung des Sportartikelherstellers Decathlon fündig. Der Vorteil von Easybreath: die Maske bedeckt mit einem großen Plexiglasfenster das gesamte Gesicht. Das zentrale Problem: Wie kann die Maske an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden? Doch der Arzt machte die Firma Isinnova in Brescia ausfindig, deren Ingenieure ihm mit einem 3-D-Drucker eine Art Adapter herstellten, mit dem der Beatmungsschlauch sicher an den Schnorchel der Maske angeschlossen werden kann.

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Vom Erfolg etwas überrumpelt

Cristian Fracassi, Direktor von Isinnova, lud ein Video auf Youtube hoch, in dem er die Funktionsweise des Ventils erklärte. Gleichzeitig stellte er im Internet das Patent mit allen nötigen Daten gratis zur Verfügung. Nach seinen Worten ist es inzwischen über zwei Millionen Mal abgerufen worden. Auch Decathlon reagierte schnell. Die Sportartikelfirma habe Tausende Masken an Isinnova gespendet, um sie dort umzurüsten, erklärt Unternehmenssprecher Xavier Rivoire. Inzwischen hätten sich in allen 69 Ländern, in denen Decathlon mit Filialen präsent ist, medizinische Einrichtungen an die Firma gewendet, um sich nach den Einsatzmöglichkeiten der Maske zu erkundigen.

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Doch beide Firmen wissen, dass sie sich mit ihrem Tun auf fremdes und sehr heikles Terrain begeben. Sowohl Decathlon als auch Isinnova weisen darauf hin, dass die Maske keine medizinische Zertifizierung hat, die Hersteller also auch keine entsprechende Verantwortung übernehmen können. Patienten müssen aus diesem Grund vorher unterschreiben, dass sie sich dieser Situation bewusst sind. Auch wird darauf hingewiesen, dass die Maske nur im absoluten Notfall verwendet werden darf – der allerdings ist in manchen Ländern inzwischen zum Normalfall geworden.

Auch als Schutzkleidung einsetzbar

Doch damit ist die unerwartete Karriere der Tauchermaske noch nicht zu Ende. Wieder stand ein findiger Arzt am Anfang einer anderen Entwicklung. Der französische Zahnarzt Paul Amas fiel in den vergangenen Wochen vor allem dadurch auf, dass er lustig-sarkastische Videos veröffentlichte, in denen er die schlechten Arbeitsbedingungen der Mediziner im Land anprangerte. „Die Zahnärzte sind wegen der umherfliegenden Spucke ihrer Patienten die wohl am meisten exponierten Ärzte“, erklärt der Mann aus Marseille. Als Amas in einem Filmchen einmal in einer neonfarbenen Badehose und der Tauchermaske Easybreath posierte, kam ihm die Idee, dass dieser Spaß auch ernst genommen werden könnte.

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Paul Amas setzte sich mit Decathlon in Kontakt, die dem Arzt sofort über 1000 Masken zur Verfügung stellte, die er an die Krankenhäuser in Marseille verteilte. Nun wird noch daran gearbeitet, einen einfachen Wegwerffilter zu konstruieren, der an der Schnorchelöffnung der Maske angebracht werden kann. Auch hier will niemand die Verantwortung für den Einsatz des Gerätes übernehmen. Doch Paul Amas hat eine sehr pragmatische Einstellung. Sein Motto: in Zeiten des Krieges gelte es, schnell Leben zu retten und nicht Zeit mit unnötigen Fragen zu vertrödeln.

Lourdes nimmt Corona-Kranke auf

In der Corona-Pandemie nimmt die französische Wallfahrtsstätte in Lourdes erstmals Kranke auf. Auf dem Gelände des katholischen Heiligtums im Südwesten Frankreichs wurde ein medizinisches Zentrum für Obdachlose und Menschen in Armut eingerichtet, wie die Präfektur mitteilte.

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Dort sollen rund 20 Covid-19-Patienten aufgenommen werden, die keine schweren Symptome zeigen. Wegen der Corona-Krise war die Wallfahrtsstätte erstmals in ihrer Geschichte für Besucher geschlossen worden. Nach Lourdes kommen jedes Jahr Millionen Pilger aus der ganzen Welt, von denen sich viele eine Heilung ihrer Gebrechen erhoffen. Der christlichen Tradition zufolge erschien die Jungfrau Maria 1858 in einer der Höhlen von Lourdes.