Erdogan verabschiedet sich von Europa

Diese Worte kommen der Welt doch bekannt vor. „Diese Inseln vor unserer Nase gehörten uns. Wir haben dort Werke, Moscheen und eine Geschichte.“ Gesagt hat das nicht Wladimir Putin, sondern Reccep Tayyip Erdogan. Der Anlass war der 93. Jahrestages der Gründung der Republik.

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Erdogan hat viele Ideen – nicht alle sind wirklich mit der EU kompatibel.

Wird die Geschichte korrigiert?

Erdogans Argumentationsstruktur erinnert sehr an das Krim-Szenario. Bereits vor einigen Wochen hatte Erdogan Ismet Inönü, den türkischen Verhandlungsführer bei den Friedensverhandlungen 1923 in Lausanne und zweiten Präsidenten der Republik, beschuldigt, Inseln in der östlichen Ägäis hergegeben zu haben. Dort liegen die Dodekanes (Rhodos, Kos unter anderen, 1912 von Italien besetzt) und die nordostägäischen Inseln (Lesbos, Chios unter anderen, 1912 von Griechenland besetzt).

Nach Beginn der Militäroffensive gegen den Islamischen Staat im Irak hatte Erdogan zudem behauptet, dass ein Gebietsstreifen von Aleppo in Syrien bis Mossul und Kirkuk im Irak der Türkei gehöre.

Befremden über die Todesstrafe

Doch nicht nur mit seinen Expansionsbestrebungen löst Erdogan Befremden aus. Auch die geplante Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei stößt auf wachsende Kritik.

 

 

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der „Stuttgarter Zeitung“ mit Blick auf die innenpolitische Lage in der Türkei: „Nach der Rückkehr zum Folterstaat wäre die offizielle Einführung der Todesstrafe der letzte Beleg, dass Erdogan mit der EU und westlichen Werten nichts anfangen kann.“ Das Land entwickle sich „zu einer modernen Art von Diktatur mit demokratischer Fassade, um das Gewissen westlicher Regierungen zu erleichtern“.

Die Türkei hatte die Todesstrafe 2004 abgeschafft. Unmittelbar nach dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli hatte Erdogan bereits eine mögliche Wiedereinführung ins Spiel gebracht, diese Pläne aber zunächst nicht weiter verfolgt.

Das Ende des „Dschungels“

Es war noch einmal ein Akt der Würde und Trauer. Dutzende Flüchtlinge haben am letzten Gottesdienst in ihrer Behelfskirche im aufgelösten „Dschungel von Calais“ teilgenommen. Die kleine orthodoxe Kapelle ist eine der selbstgebauten Einrichtungen – darunter auch Moscheen, Schulen und Läden -, die Migranten in dem Lager errichtet hatten, als sie dort auf eine mögliche Überfahrt nach Großbritannien gewartet hatten.

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Das Endes des „Dschungels“

Die von der französischen Regierung angeordnete Räumung von 5000 Flüchtlingen aus dem Camp verlief weitgehend friedlich. 1500 unbegleitete Minderjährige wurden in Sondereinrichtungen in Calais gebracht. Viele von ihnen hoffen immer noch auf die Weiterreise nach Großbritannien, weil Familienangehörige bereits dort sind. Die Erwachsenen wurden auf Flüchtlingszentren in Frankreich verteilt.

Holland will keine neuen Camps

Nach der Räumung des Flüchtlingslagers von Calais hat der französische Präsident François Hollande solche Lager als inakzeptabel für Frankreich bezeichnet. „Wir werden keine Lager mehr hinnehmen“, sagte Hollande beim Besuch eines Aufnahmezentrums für Flüchtlinge im zentralfranzösischen Doué-la-Fontaine. Der sogenannte „Dschungel“ von Calais sei „nicht dessen würdig, was eine Aufnahme in Frankreich sein kann“, fügte Hollande hinzu.

 

Suche nach Lösungen

In der kommenden Woche will die französische Regierung eine Lösung für die rund 2000 Flüchtlinge finden, die in wenigen Tagen ihre Zelte auf einem Boulevard im Nordosten von Paris aufschlugen. Er habe mit der britischen Premierministerin Theresa May gesprochen, um eine Aufnahme für rund die 1500 Minderjährigen zu erreichen, die bei der Auflösung des „Dschungels“ von Calais angetroffen und in einem vorläufigen Aufnahmezentrum untergebracht wurden, sagte Hollande. Die britische Regierung erklärte, in den kommenden Wochen würden „mehrere hundert Kinder und Jugendliche“ von Calais aus nach Großbritannien gebracht.

Europas Schande!

Ein Tweet, der keinen Kommentar mehr benötigt!

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Since 21 April, when MSF’s search and rescue operations began for 2016, the Dignity I, Bourbon Argos and Aquarius have rescued a total of 14,547 people in more than 100 different rescue operations, while at least 3,930 people have died in what has become the most deadly migratory route in the world. MSF continues to stress that although search and rescue is lifesaving and essential, the only way to truly stop deaths at sea is to provide safe and legal alternatives to dangerous sea crossings.

Tspiras mahnt mehr Solidarität an

Die Zahl der Flüchtlinge nach Europa sinkt, doch die Krise ist nicht gelöst. In dieser Situation fordert Griechenlands Premier Alexis Tsipras mehr Solidarität von Europa.

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Alexis Tsipras fordert mehr Solidarität von Europa.

Ausschreitungen in den Lagern

Immer wieder kommt es in den Auffanglagern auf den griechischen Inseln zu Tumulten. Zuletzt mussten die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Asyldiensten auf der Insel Chios wegen der aufflammenden Spannungen zurückziehen. Erst am Montag war es zu Aufständen im Hotspot der Insel Lesbos gekommen, wo Flüchtlinge und Migranten mehrere Büro-Container der EU-Asylbehörde EASO in Brand gesetzt hatten. Die Nerven liegen inzwischen nicht nur bei Flüchtlingen und Helfern blank.

Alexis Tsipras sieht sein Land angesichts der nicht enden wollenden Probleme von Europa im Stich gelassen. „In der Flüchtlingskrise hat Griechenland die größte Last auf sich genommen“, klagt der griechische Premierminister, „doch andere Länder haben zur gleichen Zeit die Grenzen geschlossen und  Zäune errichtet.“ Für ihn steht fest: „Griechenland hat das menschliche Antlitz Europas gezeigt.“ In anderen Ländern habe es hingegen fremdenfeindliche Ausschreitungen gegeben.

Klare Forderung von Tsipras

Der Premier formulierte bei einem Treffen mit Journalisten in Athen eine klare Forderung: „Die bestehenden Verträge in der Flüchtlingsfrage müssen von allen eingehalten werden.“ Er bezieht sich auf das Abkommen, das die EU mit der Türkei ausgehandelt hat. Der Deal sieht vor, die irreguläre Migration aus der Türkei in die EU zu beenden und sie stattdessen mit legalen Wegen der Neuansiedlung von Flüchtlingen in der EU zu ersetzen. So soll das Geschäftsmodell der Schleuser zerschlagen und den Migranten eine Alternative geboten werden, damit diese ihr Leben nicht aufs Spiel setzen.

Tsipras betont, dass die Flüchtlingszahlen tatsächlich gesunken sind. Kamen anfangs mehrere Tausend Menschen über das Meer in Griechenland an, sind es inzwischen im Schnitt um die 100 Personen. Doch es bleiben viele Probleme. Die Asylverfahren laufen nur schleppend, ebenso ist die Rückführung der Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei sehr schwierig. Ein zentrales Problem für Premier Tsipras ist allerdings die Weigerung vieler EU-Staaten – etwa von Polen oder Ungarn -, Flüchtlinge aufzunehmen, die eigentlich bei ihnen angesiedelt werden sollten.

Klare Ziele im Abkommen

Ab Abkommen sei sehr klar formuliert, unterstreicht Tsipras. „Für Griechenland heißt es: 66.000 Tausend Flüchtlinge sind in andere EU-Staaten umzusiedeln, bis jetzt sind es aber nur 5200.“ Der griechische Regierungschef fordert: „Verträge müssen eingehalten  werden.“ Diese Feststellung ist im besonders wichtig, da er sich erinnert, dass die Staaten der EU genau diesen Grundsatz in der Schulden- und Eurokrise immer mit großem Nachdruck von Griechenland verlangt hätten.

Es gibt keine „flexible Solidarität“

Die Diskussion um eine „flexible Solidarität“ könne nicht ernst gemeint sein. Und Alexis Tsipras fordert, dass jene Mitglieder, die sich nicht an die Verträge halten, mit Druck dazu gebracht werden müssten. Als probates Mittel sieht er, dass Brüssel Druck über die Strukturfonds ausüben könnte. Wer sich in der Flüchtlingsfrage verweigere, müsse eben damit rechnen, weniger Geld aus den Kassen der EU zu bekommen.

Masse statt Klasse – AfD setzt auf Social Bots

Russland nutzt sie zu Propagandazwecken. Die Brexit-Befürwortet haben auf sie gesetzt und auch im US-Wahlkampf spielen sie eine große Rolle: Social Bots. Jetzt hat die AfD angekündigt, dass sie im Bundestagswahlkampf 2017 Software-Roboter einsetzen, mit denen automatisiert Botschaften in sozialen Netzwerken verbreitet werden können. Der Aufregung bei den anderen Parteien ist ziemlich groß – vielleicht, weil sie das was verschlafen haben? Dann hat es sich die AfD aber wieder anders überlegt.   

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Die AfD kann auch analog. Im Bundeswahlkampf setzt sie aber auf Social Bots.

Die AfD geht mit dem Fortschritt

Für Alice Weidel ist es eine Frage des Fortschritts in der politischen Auseinandersetzung: „Selbstverständlich werden wir Social Bots in unsere Strategie im Bundestagswahlkampf einbeziehen“, zitiert der „Spiegel“ das Bundesvorstandsmitglied der AfD. „Gerade für junge Parteien wie unsere sind Social-Media-Tools wichtige Instrumente, um unsere Positionen unter den Wählern zu verbreiten.“

Hinter diesen Bots verbergen sich Programme, die sich im Netz oft auch krawallig zu kontroversen Themen zu Wort melden und häufig nur schwer als Automaten erkennbar sind. Die Einträge bei Twitter oder Facebook werden also automatisch generiert, eine inhaltliche Auseinandersetzung findet nicht statt. :

Das Vorbild Russland

Im Propagandafeldzug Russlands spielen Bots eine große Rolle. Kommentare zur Annexion der Krim oder den Vorgängen auf dem Maidan haben vor zwei Jahren das Netz – vor allem auch in Deutschland – geschwemmt. Viele Nutzer – auch Medienmacher – fielen darauf rein. Denn das Problem ist: die Einträge sehen aus wie Posts von menschlichen Nutzern.

Auch im aktuellen US-Wahlkampf spielen Bots eine genorme Rolle. Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat Rückendeckung von Automaten erhalten. Nach einer Studie der Oxford University wurde nach der ersten TV-Debatte am 26. September mehr als jeder dritte Tweet (37,2 Prozent) in Unterstützung von Trump von einem Software-Roboter abgesetzt. Auch seine Widersacherin Hillary Clinton profitierte von Bots. Bei ihr lag der Bot-Anteil allerdings nur bei 22,3 Prozent.

Die CDU ist gegen Social Bots

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende bei einer Veranstaltung der Jungen Union einen Schulterschluss der Parteien angeregt, um gemeinsam gegen den Einsatz von Social Bots zu kämpfen. Derlei Absprachen über eine gemeinsame Linie gebe es allerdings „bislang nicht“, erklärt CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der den Einsatz von Bots für die eigene Partei ausschließt. Beim Koalitionspartner SPD würde man damit auf offene Ohren stoßen: „Die sozialen Medien werden in unserem Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielen. Aber den Einsatz von Bots lehnen wir ab“, sagt SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Auch Linke und Grüne sagten dem „Spiegel“, sie würden auf Social Bots im Wahlkampf verzichten.

Bei den etablierten Parteien wird der Einsatz von solchen Bots sehr kritisch gesehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will gemeinsam mit den anderen Parteien gegen den Einsatz von Social Bots kämpfen. Die CDU schließt deren Einsatz für die eigene Partei ausschließt. Auf derselben Linie liegt die SPD. „Die sozialen Medien werden in unserem Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielen. Aber den Einsatz von Bots lehnen wir ab“, sagt SPD-Generalsekretärin Katarina Barley dem „Spiegel“. Auch Linke und Grüne haben erklärt, auf Social Bots im Wahlkampf zu verzichten.

Infos zu Social Bots

Der Einsatz von Social Bots wird von vielen kritisch gesehen. Mit der entsprechenden Software kann man den Nutzern im Internet vorgaukeln, dass sich viele Leute für die entsprechenden Angebote interessieren. Die Bots sind in der Lage, Links anzuklicken und Inhalte zu generieren. Sie schreiben Bewertungen auf Verkaufsportalen und verzerren dadurch den Wettbewerb.

Längst ist es so, dass nicht hinter jedem Profil im Internet auch ein Mensch stehen muss. Automaten betreiben eigene Profile mit Bild, Namen und wenigen Angaben. Sie streuen Argumente und versuchen gezielt Interessen in politischen Diskussionen zu beeinflussen.

Kommunizieren Bots untereinander, spricht man von einem „Botnet“. Hierbei handelt es sich in der Regel allerdings um Schadsoftware. Im Botnet geben sich die Bots gegenseitig Befehle oder erhalten diese auch nur von einer Quelle. Ein typisches Beispiel hierfür ist Spam.

Aber nicht alle Bots sind „böse“. Bei Computer-Games dienen Bots etwa als Ersatz für menschliche Spieler. Auch in Chats oder Foren kommen Bots sinnvoll zum Einsatz. Sie sind hier für die Bereinigung und Kontrolle der Inhalte zuständig. Am bekanntesten sind sicher die Bots der Suchmaschinen. In diesem Zusammenhang werden sie als „Webcrawler“ bezeichnet.

 

Nachtrag:

Inzwischen hat sich die die AfD überlegt, dass die Idee mit den Social Bots doch nicht so gut ankommt. Die neue Position liest sich auf der Homepage der Partei wie folgt:

„Berlin, 23. Oktober 2016. Entgegen anderslautenden Berichten, plant die AfD keinen Einsatz sogenannter social bots im Wahlkampf.

AfD-Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel sagte dazu gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir überlegen selbstverständlich, welche Tools im Social-Media-Bereich für unsere Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll sind. Dazu gehören Analyse- oder Hilfsprogramme, die die tägliche Arbeit erleichtern könnten. Jedoch werden wir natürlich keine social bots einsetzen, die auf Seiten Dritter im Namen der AfD automatisiert posten oder ähnliches.“

Gute Ratschläge von Farage für Trump

Nigel Farage meldet sich zu  Wort. Jetzt hat sich der Rechtspopulist für Donald Trump als Präsidenten der USA ausgesprochen. Nur er bringe den erhofften Wechsel, so der britische Ex-Chef von Ukip.

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Der Lautsprecher Nigel Farage

Wir erinnern uns: Nigel Farage ist der Mann, der nach dem Brexit „sein Leben“ zurück haben wollte. Das heißt, mit rechtspopulistischen Parolen spaltete er die britische Gesellschaft und warf dann die Brocken hin. Offensichtlich hatte er erkannt, dass konstruktive Politik doch mehr verlangt als Beschimpfungen und Verunglimpfungen der politischen Gegenseite.

Aber auch nach seinem Rücktritt ist es nie ganz ruhig geworden um Farage. Immer wieder machte er Einlassungen zur aktuellen Politik. Nun hat er sich im US-Wahlkampf zu Wort gemeldet. Natürlich würde der Brite Donald Trump wählen, denn der stehe für den Wechsel, sagt Farage. Hillary Clinton repräsentiere das alte System, das es zu zerstören gelte. Hier geht es zu dem Interview

Ratgeber für Trump

Dann sprach der Ex-Chef von Ukip dem Milliardär noch Mut zu angesichts dessen sinkender Umfragewerte. Die Umfrageinstitute hätten den Sieg der Leave-Kampagne auch nicht wirklich vorausgesagt. Noch am Tag der Abstimmung sei die Brexit-Fraktion hinten gelegen – aber dann sei alles anders gekommen. Farage trat in „Squawk Alley“ auf, wo er die letzte Debatte der beiden Kandidaten verfolgte.

Zwischen Trump und Farage gibt es viele Gemeinsamkeiten. Der Brite  warnte vor dem Referendum der Briten vor der Überfremdung des Landes durch Migranten, schürte Ängste gegen Ausländer. Positionen, die zu Donald Trumps Einstellungen gegen Einwanderer und seinen teilweise rassistischen Ansichten in der Ausländerpolitik gut passen.

Farage gegen Clinton

Schon einmal, in Jackson im US-Bundesstaat Mississippi, standen Trump und Farage gemeinsam auf der Bühne. Der Brexit-Frontmann war damals gekommen, um den schwächelnden Kandidaten gegen die Demokratin Hillary Clinton zu unterstützen. Trump stehe für die Anti-Establishment-Bewegung, die er auch in seiner britischen Heimat angeführt habe, sagte Farage in Jackson. „Wäre ich ein amerikanischer Bürger, dann würde ich nicht mal für Hillary Clinton stimmen, wenn ich dafür bezahlt würde.“

Marine Le Pen meldet sich zu Wort

Nigel Fargage ist nicht der einzige Spitzenpolitiker, der für Trump wirbt. Auch die Französin Marine Le Pen macht sich für den Milliardär stark. Die Meinung der Chefin des rechtsextremen Front National ist wie immer sehr pointiert: „Hillary Clinton bedeutet Krieg, Hillary Clinton bedeutet Zerstörung, eine Destabilisierung der Welt, eine für mein Volk verheerende Wirtschaftspolitik, geostrategische Entscheidungen, die zu weltweiten Konflikten führen würden.“, sagte sie jüngst in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN. Sie und Trump hingegen hätten viele Gemeinsamkeiten. So seien sie beide gegen das politische Establishment.

Nicht ohne Hintergedanken

Es ist unwahrscheinlich, dass Le Pen solche Aussagen ohne Hintergedanken tut. Wahrscheinlich rechnet sie damit, dass ihre Chancen beim Präsidentenwahlkampf in Frankreich im kommenden Jahr steigen, würde Donald Trump tatsächlich zum Präsidenten der vereinigten Staaten gewählt. Im Gegensatz zu Farage hält sich Le Pen mit Aussagen über Trump allerdings zurück. Offensichtlich rechnet sie damit, dass der  eingenwillige Kandidat in den USA doch noch einige Aussagen tun könnte, die ihn als Politiker völlig diqualifizieren. Wohl auch aus diesem Grund hat sie sich noch nicht offiziell mit Trump getroffen. Allerdings gab es schon Gespräche mit Steve King, extrem konservativen Abgeordneten der Republikaner.

 

Die Vorstellung, dass Donald Trump US-Präsident ist, und Marine Le Pen im höchsten Staatsamt in Frankreich ankommt, gilt vielen Beobachtern allerdings als ein nicht gerade erstrebenswerter Zustand.

Putins Provokation in Berlin

Wladimir Putin ist ein Meister der provokativen Symbolik. So ist auch der Auftritt von Wladislaw Surkow zu interpretieren. Der Berater des Kremlchefs ist von der Europäischen Union im Zuge der Sanktionen wegen der Ukraine-Krise 2014 mit einem Einreiseverbot belegt worden – und saß nun bei den Ukraine-Gesprächen in Berlin mit am Verhandlungstisch.

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Der „Gesandte Gottes“

Der frühere Vizeregierungschef Surkow hatte damals auf den Bannspruch der EU ironisch mit den Worten reagiert: „Es ist eine große Ehre.“ Für den Gipfel bekam Surkow eine Ausnahmegenehmigung – und durfte neben Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Platz nehmen. Surkow gilt als „Putins Mann fürs Feine“ und soll die russische Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 wesentlich mit eingefädelt haben. Der oft als Meister raffiniert gesponnener Intrigen beschriebene 52-Jährige steht dem Kremlchef seit Jahren treu zur Seite. Surkow lobpreiste Putin einmal als „Gesandten Gottes“.

 

 

Merkel ist provokationserprobt

Merkel kennt solche Provokationen. Für sie war die Einladung Putins nach Berlin – die erste seit vier Jahren – eine Gratwanderung. Einerseits wollte sie den Gesprächsfaden mit Russland nicht abreißen lassen. Andererseits weiß sie, dass Putin solche Treffen gerne zur Image-Verbesserung nutzt. Trotzdem bereut Merkel die sechs Stunden mit Putin in Berlin nicht. „Es ist dringend notwendig, immer wieder solche Treffen zu machen, um das Momentum nicht zu verlieren“, lautet ihr Fazit. Sie fügt aber noch hinzu: „Es ist ein dickes Brett, das zu bohren ist.“

Und das hält die ukrainische Seite von der Anwesenheit Surkows. Hier der Link zu Ukraine Today.

Die AfD – die Partei des „kleinen Mannes“?

Ist die AfD die Partei der Abgehängten und des „kleinen Mannes“? Umfragen sprechen dafür – einige Tatsachen sprechen dagegen.

Alexander Gauland

Alexander Gauland sagt, die AfD sei die Partei des „kleinen Mannes“ – doch stimmt das?

Partei der Abgehängten

Einer Allensbach-Umfrage zufolge die Alternative für Deutschland die Partei der Abgehängten. In der Erhebung für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagten 38 Prozent der AfD-Anhänger, sie gehörten „zu denen, die zurückbleiben, während es vielen anderen in Deutschland immer besser geht“.

Das ist mehr als bei jeder anderen Partei. Bei Anhängern der Linken fühlten sich 33 Prozent abgehängt, bei der SPD waren es 23 Prozent und bei der Union 17 Prozent. Am wenigsten stimmten dieser Aussage FDP-Anhänger (13 Prozent) und die Anhänger der Grünen (zehn Prozent) zu.

Sammelbecken der Misstrauischen

Die AfD habe zudem der Linken den Rang als Sammelbecken für jene abgelaufen, die dem System und seinen Repräsentanten misstrauten, berichtete die FAZ aus der Studie weiter. Die Flüchtlingskrise sei bis heute das identitätsstiftende Thema der Partei. Die AfD-Anhänger stünden zudem der Globalisierung und der Europäischen Union (EU) weitaus skeptischer gegenüber als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Das Wählerpotenzial der Partei liege derzeit bei 18 Prozent. 47 Prozent der Befragten sehen demnach in der AfD eine Gefahr, 26 Prozent eine Chance. 48 Prozent der Befragten sagten, die AfD soll möglichst nicht in Parlamenten vertreten sein, 15 Prozent wünschten sich eine Beteiligung in Regierungen. Allensbach befragte in der Zeit vom 1. bis 13. Oktober 1458 Bundesbürger.

Nicht die Partei des „kleinen Mannes“

Es gibt allerdings auch andere Studien, die die Aussage über die „Partei des kleinen Mannes“ als Mär entzaubern. So will die Partei etwa in Deutschland die Erbschaftssteuer abschaffen – steht es im Programm. 200 bis 300 Milliarden Euro werden nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Deutschland jährlich vererbt oder verschenkt. Ein Drittel des gesamten Erbschaftsvolumens entfällt dabei auf Vermögen von über 500 000 Euro. Klar ist also, dass vor allem die Reichen von diesem Schritt profitieren würden.

Die Partei der Besserverdienenden

Die vor allem von AfD-Vize Alexander Gauland propagierte „Politik für den kleinen Mann“ würde an der AfD-Klientel vorbeigehen. Das zumindest legt eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) nahe. Ein Fazit: die Alternative für Deutschland ist eine Partei für Besserverdienende. 33,9 Prozent aller AfD-Sympathisanten gehören zum reichsten Fünftel der Bevölkerung. Unter diesen Umständen ist auch das nächste Ergebnis nicht überraschend: Weniger als zehn Prozent der AfD-Anhänger machen sich große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation. Bei den Top-Verdienern ist nur die FDP deutlich häufiger vertreten als in der AfD. Union und Grüne haben ähnlich viele gut verdienende Sympathisanten. Aus wirtschaftlicher Not wählen deshalb offenbar die wenigsten die AfD. Das Bildungsniveau in der Partei ist entsprechend überdurchschnittlich.

Hier geht es zu einem Text in der Stuttgarter Zeitung über die AfD als Partei des Besserverdienenden

Empört Euch!

Russland zieht den Westen wie einen Tanzbären durch die politische Arena. Das hat auch damit zu tun, dass uns das Sterben in Syrien und der Rechtsbruch in der Ukraine erstaunlich kalt lassen. Das ist eine gefährliche Entwicklung.

Ein Einwurf:

Ein ukrainischer Panzer auf dem Weg an die Front.

Mischung aus Leitartikel und Predigt

Empört Euch! So lautete der Titel eines kleinen Büchleins, das vor einigen Jahren für einige Furore sorgte. Geschrieben wurde es von dem inzwischen verstorbenen französischen Widerstandskämpfer Stéphane Hessel. Es ist eine Mischung aus Leitartikel, Predigt und Brief an die Nachfahren – mit vielen emotionalen Höhepunkten und ebenso zahlreichen argumentativen Schwächen.

Seine Wucht gewann der Text durch den Nimbus des damals 93 Jahre alten Mannes, der die Jugend – das waren in seinem Fall wohl alle unter 60-Jährigen – auffordert, gegen die Missstände dieser Zeit zu Felde zu ziehen: dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet, dass der Sozialstaat ausgehöhlt wird und Ausländer stigmatisiert werden.

Liste der Unsäglichkeiten

Diese Liste der hingenommenen Unsäglichkeiten lässt sich aktuell um den Krieg in Syrien und die schwelende Ukraine-Krise verlängern. In Syrien geschehen Kriegsverbrechen von unsäglichem Ausmaß – unterstützt von Russland. Im Fall der Ukraine hat Russland ein souveränes Land überfallen, brach und bricht Gesetze, zerstört die seit über einem halben Jahrhundert funktionierende europäische Friedensordnung und verhöhnt die fundamentalen Werte von Freiheit und Demokratie. Was wir erleben ist eine politische Zeitenwende, die Rückkehr in überwunden geglaubte finstere Zeiten – doch in Europa lässt das erschreckend viele Menschen kalt.

Das Morden in Syrien wird hingenommen, achselzucken wird über die Annexion der Krim hinweg gegangen, die Toten im Donbass werden allenfalls zur Kenntnis genommen. Empörend ist auch mit welcher zynischen und menschenverachtenden Rücksichtslosigkeit Moskau die Eskalation und Brutalisierung der Kriege in Syrien und im Osten der Ukraine steuert – und dabei die Regierungen des Westens mit offensichtlichen Lügen und Hinhaltetaktiken wie einen Tanzbären an der Nase herumführt.

Die Welt ist komplex

„Die Gründe, sich zu empören, sind heutzutage oft nicht so klar auszumachen“, räumt Stéphane Hessel ein. „Die Welt ist zu komplex geworden. Wer befiehlt, wer entscheidet?“ Diese Unübersichtlichkeit macht sich der russische Präsident Wladimir Putin zu Nutzen. Ein Beispiel: Es ist schwer wirklich zu beweisen, dass die Separatisten direkt von Moskau unterstützt werden oder wer das Passagierflugzeug MH-17 abgeschossen hat. Der Kreml-Herrscher jedenfalls wäscht seine Hände in Unschuld.

Doch Stéphane Hessel fordert auf, nachzudenken, genau hinzusehen,  Verbindungen zu suchen, nach den Gründen zu forschen – und dann zu handeln. Das sei anstrengend, so die Analyse Hessels. Aus diesem Grund werde von vielen inzwischen die „Ohne mich“-Haltung vorgezogen. Diesen Zeitgenossen  sei „eines der absolut konstitutiven Merkmale des Menschen abhanden gekommen: die Fähigkeit zur Empörung und damit zum Engagement“.

Die Ohne-mich-Haltung

Im Fall der Ukraine ist die „Ohne mich“-Haltung Europas nicht nur ein Verrat an den fundamentalen Werten der Demokratie – es ist auch gefährlich. Schon gegenüber Moldau, Georgien und Armenien hat Russland das Souveränitätsprinzip der Staaten unterlaufen und der Westen verharrte tatenlos. Ohne nachhaltige Reaktionen blieben auch die faktische Einverleibung von Transnistrien, Abchasien und Südossetien. Die Ukraine ist das vorerst letzte Glied einer langen Kette, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Erste kleine Provokationen gegenüber den baltischen Staaten haben von Seiten Russlands schon begonnen.

Natürlich reicht das Gefühl der Empörung, dieser Gerechtigkeitszorn, dieser Drang, etwas zu ändern nicht aus. Ein heißes Herz ersetzt kein Programm. Die Schritte gegen Putin, die Verteidigung der Grundwerte Europas müssen mit kühlem Kopf geplant und umgesetzt werden – die Empörung wirkt dabei wie eine moralische Wirbelsäule. Erst durch das  Zusammenspiel von Empörung und Rationalität entfalten – wie auch immer geartete – Sanktionen ihre wirkliche Wucht.

Ein Wunder: AfD lobt die „Tagesschau“

Die „Tagesschau“ zieht Konsequenzen. Die wichtigste Nachrichtensendung Deutschlands will ihre Berichterstattung über die Alternative für Deutschland (AfD) wertfreier gestalten. Konkret: sie wird die Partei nicht laufend als „rechtspopulistisch“ bezeichnen. Das erklärte der ARD aktuell-Chef Dr. Kai Gniffke auf dem Evangelischen Medienkongress in Hamburg. Und wie reagiert die AfD? Sie jubiliert! Frauke Petry spricht sogar von einem „Wunder“.

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Der Chefredakteur erklärte die Entscheidung damit, dass Zuschauer den Zusatz „rechtspopulistisch“ als belehrend empfunden hätten, schreibt die Evangelische Nachrichtenagentur.

Die Redaktion müsse lernen, die AfD als eine demokratisch legitimierte Partei zu behandeln. Via Twitter ergänzte Gniffke, dass er persönlich die AfD nach wie vor für rechtspopulistisch halte. „Das bedeutet aber nicht, dass wir permanent das Attribut ‚rechtspopulistisch‘ vor dem Parteinamen AfD nennen müssen.“ Mittlerweile sei die Partei den meisten Menschen bekannt, so der Journalist.

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Bei der AfD wurde die Entscheidung freilich begrüßt. Vorstandssprecherin Frauke Petry wählte die Bezeichnung „Wunder“ und erklärte den Schritt als „lange überfällig“.

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Alexander Gauland kommentierte, dass die „Tagesschau“ zurecht erkannt habe, „dass die Menschen es seit langem satthaben, von den Medien bevormundet zu werden“. Es sei an der Zeit, dass andere Medien diesem Beispiel folgen, so der AfD-Politiker weiter. „Das sollten sie allein schon in ihrem ureignen Interesse tun.“

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Die Reaktionen auf die Entscheidungen lassen natürlich nicht lange auf sich warten.

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