Russlands Propagandaschlacht

Alles vergessen? Sicher nicht! Der Streit zwischen Deutschland und Russland wegen des zeitweise verschwundenen Berliner Mädchens wurde offensichtlich geschlichtet. Die beiden Außenminister Steinmeier und Lawrow beschlossen in einem Telefonat, das Thema ruhen zu lassen. Doch ruhen lassen darf nicht vergessen heißen.

16.01.29-russland

Vielleicht muss man alles nur mit etwas mehr Humor sehen?

Ein tiefer Blick in den Maschinenraum

Fast müsste man dem russischen Chefdiplomaten dankbar sein. Denn er hat dieses Mal tief blicken lassen – Lawrow hat gezeigt, dass sich der Kreml offensichtlich in einer Art Propagandaschlacht mit dem Westen im Allgemeinen, der EU im Besonderen und Deutschland im ganz Besonderen wähnt. In dieser Schlacht wird auf Falschaussagen, Verdächtigungen und Lügen gesetzt – oder es werden Falschaussagen, Verdächtigungen und Lügen aufgenommen und einfach weiter verbreitet.

Das Ziel des Kremls ist es, ein neues Narrativ zu begründen. Das eigene Volk soll glauben, dass Europa moralisch und wirtschaftlich am Ende ist und Russland den Nachbarn im Westen weit überlegen. Dass die objektiven Fakten diese Erzählung nicht stützen, ist egal.

Verwerfungen zwischen Moskau und Berlin

Exemplarisch ist der Fall des vorübergehenden Verschwindens der 13-jährigen Lisa aus Berlin. Jenes Mädchen, das eine Vergewaltigung durch Flüchtlinge frei erfunden hat, weil es persönliche Probleme hatte. Die besagte Nacht hat es bei einem Freund verbracht.

Der Fall hat zu schweren Verwerfungen zwischen Russlands Außenminister Sergej Lawrow und seinem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier geführt. Russland hatte die Gerüchte aufgegriffen und deutschen Behörden vorgeworfen, Informationen verschleiert zu haben. Als Höhepunkt hat Lawrow in einer für westliche Ohren skurril anmutenden Pressekonferenz einen diplomatischen Affront riskiert.

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Deutschland als Unrechtsstaat

Die Botschaft: in Deutschland können die Menschen nicht sicher leben, es gibt ein Problem mit Flüchtlingen, das die Behörden nicht in den Griff bekommen und die Politik tut alles, um die Krise vor dem Volk geheim zu halten. Kurz: Deutschland ist ein Unrechtsstaat.

Dabei wurden von russischer Seite in diesem Fall die Besonderheiten der deutschen Ermittlungsarbeit ausgenutzt und als Schwäche oder auch perfide Machenschaften dargestellt. Die Berliner Polizei hat sehr vorsichtig informiert, um die Rechte des Opfers zu wahren und sie wollte offensichtlich auch die Sachlage ganz klären, zu unsicher waren die Angaben des Mädchens. In Russland gibt es aber keinen Opferschutz. Da denken die Menschen dann, dass die Polizei etwas verschweigt. So war es in Russland sehr einfach, eine Kampagne in dem Fall des „vergewaltigten Mädchens“ zu fahren.

Russland braucht Feinde

Doch wozu das alles? Immer neue Feinde müssen her – das sei für den Kreml nicht nur sicherheitsrelevant, sondern „überlebenswichtig“, schreibt auch Maxim Trudoljubow in der seriösen Tageszeitung „Wedomosti“. Denn das System steht offensichtlich mit dem Rücken zur Wand. Wichtige Reformen wurden verschlafen, die Wirtschaft befindet sich in einer gefährlichen Schräglage, die Korruption blüht und mafiöse Strukturen bemächtigen sich des Landes.

Und das Volk? Die Menschen sehen, dass sich die Preise für Lebensmittel in Russland dramatisch erhöhen. Doch was sollen sie nach Ansicht des Kremls denken? Russland geht es gut, im Vergleich zum dekadenten, taumelnden Westen. Fraglich ist, wie lange diese Propaganda noch funktioniert.

Hier geht es zur Berichterstattung über den „Fall Lisa“

 

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2 Kommentare zu “Russlands Propagandaschlacht

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